Vorweg möchte ich schicken, dass man mich nicht lange überzeugen muss, dass manche, die für mehr Klimaschutz trommeln – auch Wissenschaftler – in ihrem Eifer für die als äußerst wichtig empfundene Sache, hier und da vielleicht die Erkenntnislage einseitig oder als zu eindeutig darlegen. Das wäre ggf. nicht gut und der Sache nicht dienlich, aber das Gegenteil würde mich trotzdem wundern. Auch dass man es als ernsthafter wissenschaftlicher Zweifler am Konsens sehr schwer hat – zu schwer – dürfte offensichtlich sein. ABER: Das ist irgendwie auch kein Wunder, wenn ich mir anschaue, was die Klimaskeptiker so auffahren.
So hat mir zuletzt ein treuer und geschätzer Leser eine Zusammenstellung von klimaskeptischen Aussagen von Wissenschaftlern zum Beleg seiner Überzeugung geschickt, dass die „Klimahysterie“ auf Lug und Trug aufbaut.
Offenbar stört es ihn nicht, dass die Wissenschaftler auf die er verweist, mit ihren „überzeugenden Belegen“ sich gegenseitig widersprechen. Das folgende ist keine böswillige Zusammenstellung von verrückten Aussagen, sondern ein Auszug aus dem, was mir der Leser geschickt hat, der sich nach eigenen Angaben sehr intensiv in die Materie eingelesen hat.So lerne ich denn aus dieser Zusammenstellung und dem, was ich auf Rückfrage noch dazu bekommen habe:
- Der Meeresspiegel steigt nur um 3,3 Zentimeter pro Jahrzehnt bzw. der Meeresspiegel steigt gar nicht.
- Die Erde erwärmt sich langsamer als behauptet bzw. die Erde kühlt ab.
- Ein Sonneneruptionszyklus, nicht der Mensch und CO2, ist für die Erderwärmung verantworlich bzw. die Sonne ist gleichzeitig auch dafür verantwortlich, dass sich die Erde abkühlt.
- Die CO2-Konzentration und deren Anstieg sind so gering, relativ zur gesamten Luftmasse, dass sie unmöglich nennenswert zur Erderwärmung beitragen können, aber gleichzeitig trägt diese vernachlässigbare zusätzliche CO2-Konzentration sehr wohltuend zum Pflanzenwachstum und damit zur Ernährung der Erdbevölkerung bei.
- Die Eisdecken von Arktis und Antarktis nehmen zu, sie nehmen aber auch ab, was dann mit Wärme aus dem Erdinneren zu tun hat (Vulkane).
Wenn die Skeptiker so Gegensätzliches behaupten, ist es mit der Verlässlichkeit der Nachweise wohl nicht so weit her. Diejenigen, die dem Mainstream nicht glauben wollen, sollten sich zumindest auf eine Richtung festlegen, in der sie glauben, dass dieser falsch liegt oder betrügt. Gleichzeitig A und das Gegenteil von A zu glauben, solange es nur B widerspricht, zeugt von mehr als normaler Voreingenommenheit.
Manche der Behauptungen, wie die, dass die Eisdecken von Arktis und Antarktis zunehmen, und dass die Oberflächentemperatur der Erde gar nicht gestiegen ist und es auch keine neuen Hitzerekorde gibt, würden voraussetzen, dass nicht nur unsere Wahrnehmung falsch ist, sondern dass alle Messungen, die wir ständig berichtet bekommen, ausnahmslos gefälscht sind. Das erscheint mir unwahrscheinlich.
Auch bei der vermuteten kommerziellen Motivation hinter der großen Klimaverschwörung bin ich noch nicht auf Thesen und Belege gestoßen, die mich überzeugen. Klar kann immer irgendjemand Profit daraus schlagen, wenn es größere Veränderungen der Politik gibt. Aber man müsste schon plausibel machen, dass diejenigen, die verlieren – Big Oil und nicht regenerative Energien generell, Automobilsektor, etc. – weniger mächtig sind als die oft noch jungen Branchen, die sich Gewinne versprechen. Die Finanzbranche jedenfalls braucht keine grüne Revolution um Geschäft zu machen. Sie kann mit jedem Hype und mit vielem anderen genauso gut Geschäfte machen.
Bekannt ist dagegen, das Ölkonzerne und andere, die mit fossilen Energieträgern ihr Geld verdienen, sehr viel davon an Organisationen gegeben haben und geben, die es sich zur Aufgabe machen, Zweifel an der These vom menschengemachten Klimawandel zu säen. So ist das ebenso beliebte wie irreführende Argument, der Mensch sei für einen sehr viel kleineren Teil des CO2-Eintrags verwantwortlich als natürliche Quellen wie Wälder und Ozeane, schon 22 Jahre alt und stammt vom Ölkonzern Exxon. Dabei wird der Nettoeintrag des Menschen mit dem Bruttoeintrag aus natürlichen Quellen verglichen, also vor Abzug der Entnahme durch die Natur. Auf diese Weise wird unterschlagen, dass zum Beispiel Wälder und Ozeane in einem CO2-Kreislauf sogar etwas mehr CO2 aufnehmen, als sie abgeben. So absorbieren sie einen Teil des vom Menschen verursachten zusätzlichen CO2-Eintrags aus der Atmosphäre.
Für eine aktuelle Darstellung des allgegenwärtigen Einflusses der Fossilbranchen auf die Wissenschaft, siehe den promovierten Physiker und Historiker Benjamin Franta per Twitter (Englisch).
Ich bin gern bereit, Zweifel am wissenschaftlichen Konsens eines teilweise menschengemachten Klimawandels zur Kenntnis zu nehmen und zu diskutieren. Zusammenstellungen sich gegenseitig widersprechender und zum Teil völlig unplausibler Behauptungen von jedem, der einen naturwissenschaftlichen Titel hat und sich skeptisch zum Konsens äußert, haben allerdings nur den Effekt, mich vom wissenschaftlichen Konsens zu überzeugen.
Auch das ist ein nicht zu unterschätzender Nutzen für mich. Danke.
[30.11.2019]
Nachtrag (1.12.2019): Ich bitte um Verständnis, dass ich die Vielzahl der zu diesem Blog eingehenden, zum Teil sehr ausführlichen Stellungnahmen, nicht einzeln beantworten kann. Ich habe sie jedoch – zumindest bisher – alle gelesen.