Im Mittagsmagazin der ARD lief am Donnerstag (30.8.) schier Unglaubliches. Mit gleich drei Filmeinspielungen wurde Propaganda für mobil-digitales Bezahlen gemacht. Man steigerte sich von dümmlich über Publikumsbeschimpfung zu eklatanten, werblichen Falschaussagen. Wirklich kein Highlight des von der Allgemeinheit beitragsfinanzierten Journalismus.
Der erste Film, ab Minute 30, handelt von einem etwas dümmlichen, aber halbwegs harmlosen Selbstversuch, wie weit man allein mit dem Handy als Geldbörse kommt. Es folgt ab Minute 34:30 eine Moderation und animierte Grafiken, die Deutschland und die Deutschen wegen der geringen Nutzung mobilen Bezahlens als rückständig darstellen. Das gipfelt in der Überleitung der Moderatorin zum dritten Film, ab Minute 36:10, in der uns Trotteln vorgehalten wird, dass uns nicht nur die Chinesen und die Amerikaner weit voraus sind, sondern sogar die Kenianer, weil wir so am altbackenen Bargeld hängen und Neuerungen gegenüber nicht aufgeschlossen sind. Natürlich kein Wort davon, dass das staatlich massiv geförderte digitale Bezahlen in China ein wichtiger Bestandteil des dortigen totalitären Sozialpunktesystems ist. Mit diesem will die kommunistische Regierung ihre umfassend überwachten und bewerteten Bürger zu besseren Menschen erziehen.
Den skandalösen Abschluss bildete ein dummdreist-naive Werbefilm für das kenianische M-Pesa-Bezahlsystem, der vor Auslassungen und Falschbehauptungen strotzte. War man in den Filmchen über Deutschland noch halbwegs vorsichtig und erwähnte immerhin Sicherheitsbedenken, brachen bei Kenia alle Dämme. Man geht bei der ARD wohl davon aus, dass sich da keiner auskennt. Zufällig habe ich für mein aktuelles Buch „Schönes neues Geld“ zu Kenia recherchiert und ein Kapitel über die vielen propagandistischen Falschbehauptungen geschrieben, mit denen die Bargeldbekämpfer M-Pesa der Welt als Vorbild darstellen. Ein Nutzer darf in dem Film gleich drei Mal sagen wie „einfach und sicher“, „sehr sicher“ und „sicher und praktisch“ das System sei, eine Ladenbesitzerin noch zusätzlich, „ein Risiko gibt es eigentlich nicht.“ Und das bei einem System, in dem Geld per SMS (!) verschickt wird. Sowohl die Regierung, als auch der Betreiber und alle, denen der Betreiber es ermöglicht, können diese SMS einsehen, speichern und nach Belieben auswerten.
Von einer „kleinen Gebühr“ ist in dem Film ganz nebenher die Rede. Die „kleine Gebühr“ geht bei kleinen Beträgen oft weit in den zweistelligen Prozentbereich. In einem Bericht der Bill und Melinda Gates Stiftung, die keinen geringen Anteil an der Schaffung von M-Pesa hatte, wird beklagt, dass der Fastmonopolist Safaricom, der das System betreibt, in Kenia fast das Zehnfache von dem abzockt, was er von Kunden im benachbarten Tansania fordert.
Zum Abschluss wird es ganz dreist, wenn es heißt:
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„M-Pesa gilt als erste Hightech-Innovation Afrikas. Ein Kontinent zeigt der Welt, wie mobiles Bezahlen funktioniert.“
In Wahrheit wurde M-Pesa vom britischen Telefonkonzern Vodafone, der Mutter von Safaricom, entwickelt, mit Geld von der britischen Entwicklungshilfebehörde, als Maßnahme zur besseren Durchdringung des afrikanischen Marktes durch Vodafone. Die Zentralbank Kenias, in der ein „Botschafter“ der von der Gates-Stiftung, bezahlten „Allianz für finanzielle Inklusion“ an entscheidender Stelle saß, sorgte dafür, dass Safaricom jegliche inländische Konkurrenz von Banken oder anderen Telekomanbietern regulatorisch vom Hals gehalten wurde. So erreichte die Vodafone-Tochter ihr Fastmonopol in Kenia.
Diesen skandalösen Propagandafilm sollte die beitragsfinanzierte ARD schnellstmöglich aus dem Verkehr ziehen und korrigieren.
[31.8.2018]