Warum die Ethik-Erklärung von Janet Yellen für Mario Draghi, die EZB und die Group of Thirty so peinlich ist

18. 12. 2018 | Als Janet Yellen 2010 für die Position der Vize-Vorsitzenden der US-Notenbank Federal Reserve nominiert wurde, gab sie eine Erklärung darüber ab, wie sie im Ernennungsfall Interessenkonflikte vermeiden werde. Dazu gehört der Austritt aus der Großbankenlobby Group of Thirty (G30). Das fordert auch die EU-Bürgerbeauftragte vom Präsidenten der Europäischen Zentralbank. Dieser will aber unbedingt Mitglied der G30 bleiben.

In dem Brief vom 28.4.2010 an Cary K. Williams, die Ethik-Beauftrage des Board of Governors des Federal Reserve System schreibt die damalige Präsidentin der Federal Reserve Bank of San Francisco:

„Nach Berufung, aber bevor ich die Amtspflichten einer Gouverneurin der Federal Reserve übernehme, werde ich aus der Group of Thirty austreten.“

Im Original: „After confirmation, but before I assume the duties of the position of Federal Reserve Governor, I will resign from the Group of Thrity.”

Dafür gibt es sehr gute Gründe. Mitglieder der von Rockefeller initiierten Gruppe  sind Chefs großer internationaler Finanzinstitute und wichtiger Notenbanken. Die Mehrheit sind entweder frühere Notenbanker, die heute ihr (hohes) Salär aus der Privatwirtschaft beziehen (z.B. UBS-Chef Axel Weber), oder frühere Privatbanker (wie Draghi und sein britischer Kollege Mark Carney, beide ex Goldman Sachs), die heute Notenbanker sind. Die Berichte der G30 lesen sich oft wie Wunschzettel der internationalen Großfinanz an die Regulierer. Es ist skandalös, wenn ein oberster Regulierer wie der EZB-Präsident solchen Wunschzetteln seinen quasi-offiziellen Segen gibt. Außerdem kann ein Notenbankchef kaum seine Einschätzung zur Lage der Weltwirtschaft und Weltfinanzmärkte beitragen, ohne dass die Vertreter der Privatwirtschaft in den vertraulichen Runden daraus wertvolle Rückschlüsse auf die wahrscheinliche künftige Notenbankpolitik ziehen können. Mit diesen Insiderinformationen können sie andere, weniger gut mit den Notenbanken vernetzte Institute und private Investoren übervorteilen.

Draghi und die EZB haben der Aufforderung der Bürgerbeauftragten, die Group of Thirty zu verlassen, unter anderem unter Hinweis auf die anderen Notenbanker widersprochen, die der Gruppe angehören, darunter auch solche aus den USA. Es trifft zu, dass der Präsident der mächtigen Federal Reserve Bank of New York, die die Wall Street beaufsichtigt, standardmäßig Mitglied der Washingtoner Lobbygruppe ist. Auch Yellen war als Präsidentin der Federal Reserve of San Francisco noch Mitglied der Gruppe. Dazu muss man allerdings wissen, dass die regionalen Notenbanken des Federal Reserve System sich nicht als öffentliche Einrichtungen verstehen, sondern als private, von den Mitgliedsbanken getragene und beaufsichtigte Organisationen. Die Wall Street beaufsichtigt also ihre Aufseher selbst, was manches erklärt. Nur die zentrale Stelle, das Federal Reserve Board, gilt als öffentliche Einrichtung, und nur für deren Führungspersonal gelten die Regeln für die Vermeidung von Interessenkonflikten öffentlicher Bediensteter. Deshalb trat Yellen, als sie zur Federal Reserve nach Washington ging, aus der Group of Thirty aus. Dazu ist Mario Draghi nicht bereit. Die EZB hat einfach kein Äquivalent zur mächtigen New York Fed, die man in die Lobbygruppe entsenden kann, ohne formal Ethikregeln zu brechen. Deshalb muss man diese Regeln ganz ruppig für die G30 brechen oder zurechtbiegen, und sich über das Votum der EU-Bürgerbeauftragten einfach hinwegsetzen.

Diese schrieb in ihrem Abschlussbericht von Januar zur Untersuchung von Draghis G30-Mitgliedschaft.

„Die Antwort der EZB war nicht befriedigend. Sie leugnete weiterhin die Folgen der Mitgliedschaft ihres Präsidenten in der G30 und weigerte sich, ihre einschlägigen Regeln und Prozeduren zu verbessern.“

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