Facebook und Google als Inkarnationen des LifeLog-Programms des Pentagon

10. 02. 2019 | Es gibt Dinge, die sind so krass, dass man sie  sich nicht ausdenken kann. Dazu gehört, dass es bis vor 15 Jahren ein öffentlich bekanntes Programm des US-Militärs namens LifeLog gab, das genau die Totalaufzeichnung und  Speicherung all unseres Tuns anstrebte, die durch Google, Facebook und andere US-Konzerne inzwischen wie nach Blaupause umgesetzt wurde.

Im Mai 2003 berichteten amerikanische Medien und auch „Die Zeit“ über ein Ausschreibung der beim US-Verteidigungsministerium (Pentagon) angesiedelten Forschungsbehörde Defense Advanced Projects Research Agency (Darpa). Es ging um ein Projekt namens LifeLog, das in der Ausschreibung laut Zeit so beschrieben wurde:

„„Das Ziel: ein digitales Protokoll vom Leben eines Menschen zu erstellen, das nicht nur Dokumente wie Fotos, EMails und Bücher enthält, sondern per GPS-Sensor auch eine lückenlose Aufzeichnung des Aufenthaltsorts.“

Die Ausschreibung mit der Nummer BAA 03-30 war eine Aufforderung an Wissenschaftler aus dem ganzen Land, Forschungsvorhaben zur Förderung einzureichen. Darin werde LifeLog beschrieben als „ein ontologiebasiertes (Sub-)System, das den Erfahrungsfluss einer Person und seine Interaktion mit der Welt erfasst, speichert und zugänglich macht“.

Damit das funktioniert, müssten die Nutzer zu Cyborgs werden: Sensoren aller Art müssten aufzeichnen, was sie sehen, hören und fühlen. Per Satellitenortung würden räumliche Daten erfasst, biomedizinische Sensoren überwachten den körperlichen Zustand. Außerdem, so die Ausschreibung, solle das System die gesamte Kommunikation aufzeichnen.

Es ist beeindruckend, wie umfassend die Militärbehörde Darpa schon vor 16 Jahren das als Ziel beschrieben haben, was heute dank Facebook, Google, Smartphones, Paypal, Alexa, Echo, Fitbits und verpflichtendem Internetanschluss für Autos bereits sehr weitgehend umgesetzt ist. Nur die noch etwas hakende elektronische Gesundheitskarte mit Datenspeicherung in der Cloud, also auf für die US-Dienste ohne weiteres zugänglichen Servern von Amazon, Microsoft und Co, fehlt noch, aber nicht mehr lange.

Umso überraschender, dass man vor fast genau 15 Jahren, im Februar 2004 lesen durfte, dass das Pentagon das LifeLog-Programm eingestellt habe. „Forscher, die dem Projekt nahestanden“ konnten es sich „Wired“ zufolge nicht richtig erklären. Die offizielle Erklärung hieß nur „geänderte Prioritäten“.

Aus PR-Gründen ist das durchaus nachvollziehbar, denn das totalitäre Potential dieses damals noch bizarr anmutenden Programms wurde von den amerikanischen Medien nicht übersehen und scharf kritisiert. Aber wie kommt es, dass es trotz der angeblichen Einstellung des Programms genau so kam, wie der Pentagon sich das ausgemalt hatte? Ist es Zufall, dass die US-Konzerne mit zumeist engen Verbindungen zum US-Militär und den US-Geheimdiensten, dieses umfassende Überwachungssystem fast genau wie nach Darpa-Blaupause entwickelten und dass sie dabei jahrzehntelang so ziemlich jede Datenschutzregel in Europa und den USA ignorieren konnten?

Vielleicht ist es ja ebenso Zufall, wie dass die Meldung über die angebliche Aufgabe des LifeLog-Projekts am 4. Februar 2003 erschien. Das war der Tag an dem Mark Zuckerberg das soziale Netzwerk und die Firma „thefacebook“ gründete. Und dass die Facebook-Vorstandsmitglieder und Investoren Peter Thiel (Palantir) and James Beyer engste Kontakte zum Militär, zu Dapra und zum Wagniskapitalfonds der CIA, in-Q-Tel hatten, kann auch Zufall sein.

Nachtrag (13.2.): Zur Rolle von Militär und Geheimdiensten bei der Entstehung von Google lesen Sie: How the CIA made Google. (Der Text ist sehr lang, Sie könnten runterscrollen bis „Google: seeded by the Pentagon“) und den zweiten Teil Why Google made the NSA, beide von Naffez Ahmed.

[10.2.2019]

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