4. 02. 2019 | Die Group of Thirty (G30), in der sich ehemalige Notenbanker, die heute hochkarätige Geschäftsbankmanager sind, mit ehemaligen Bankmanagern treffen, die heute Zentralbanker sind, hat einen neuen Bericht zu Fehlverhalten von Banken veröffentlicht. Die Empfehlung der Bankmanager, die den Bericht erstellt haben lautet, die Regulierer sollten die Banken ungestört daran arbeiten lassen, unethisches Verhalten zurückzudrängen.
Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), die für Aufsicht über die wichtigsten europäischen Banken zuständig ist, ist Mitglied dieses elitären Clubs aus Aufsehern und Beaufsichtigten. Die EU-Ombudsfrau hat zwar Mario Draghi aufgefordert, seine Mitgliedschaft bei den G30 zu beenden, weil sie Interessenkonflikte befürchtet und weil nicht transparent ist, was in der gemischten Gruppe hinter verschlossenen Türen gekungelt wird. Aber Draghi und die EZB weigern sich, diesen rufschädigenden Skandal zu beenden.
Es gibt ein winziges Feigenblatt für Draghi im Kleingedruckten des Berichts, bei den Copyright-Hinweisen. Dort steht, dass der Bericht das Produkt des Lenkungsausschusses der G30 und der Arbeitsgruppe „on Banking Conduct and Culture“ ist und nicht die Ansichten der Mitgliedschaft der G30 insgesamt repräsentiert. Auch dass alle Mitglieder ausschließlich in privater Eigenschaft teilnähmen steht da. Ich würde mich allerdings wundern, wenn Mario Draghi die Reisekosten nach Washington für sich und seine EZB-Entourage privat bezahlen würde.
Im Bericht selbst wird der kleingedruckte Disclaimer in normalgroßer Schrift mehrfach Lügen gestraft. Dort wird die segensreiche Wirkung des langjähriges Fokus der G30 auf diese Themen gepriesen und erklärt, dieser Bericht, „herausgegeben von den G30“, wolle den Reformprozess unterstützen. Für die G30 danken die Vorsitzenden den Mitgliedern der Arbeitsgruppe dafür, dass sie „unsere Arbeit auf jeder Stufe angeleitet und ihre einzigartigen Einsichten dazu beigetragen haben“ Intellekt und Einsichten der zwölf Mitglieder von Lenkungsausschuss und Arbeitsgruppe seien „essentiell für unseren kollektiven Erfolg“ gewesen. An verschiedenen Stellen im Bericht ist von G30-Empehlungen, der Arbeit der G30 on Conduct and Culture und einem G30-Bericht die Rede.
Wenn der Bericht als Lehre Nr7 also feststellt:
„„Regulierung hat eine begrenzte Rolle zu spielen, weil man Kultur nicht befehlen oder mit Regeln definieren kann“,
dann kommt das unterfüttert mit dem Renommmee des Chefs derjenigen Institution daher, die in Europa für Bankaufsicht zuständig ist, entgegen dem ausdrücklichen Wunsch der EU-Bürgerbeauftragten. Schlimmer noch: Draghis Club hat diese Lasst-die-Banker-nur-machen-Empfehlungen an die Regulierer von einer Arbeitsgruppe erarbeiten lassen, der fast ausschließlich Topmanager von privaten Finanzinstituten angehören (BBVA, Morgan Stanley, Banco Santander, CIBC, Absa und ein Professor). Wenn man dazu noch in Betracht zieht, dass die EZB bei ihrer Aufsichtsarbeit, die für Steuerzahler sehr teuer werden kann, keiner gewählten Institution und keinem Wähler Rechenschaft ablegen muss, und sich auch noch weigert, den Rechnungshöfen die nötigen Informationen für eine effektive Aufsicht zu liefern, dann ist solches Kungelverhalten alles andere als geeignet, das Vertrauen in die Aufsichtsarbeit EZB zu stärken.
Ein bisschen was können die Regulierer aber schon tun, um die Flut an Skandalen aus dem Bankensektor einzudämmen, meinen Draghis G30. Sie können „grundlegende Prinzipien skizzieren. Sie können die Aufmerksamkeit der Banken auf Bereiche nachhaltigen Verhaltens-Versagens lenken, und sie können Einsichten und Lektionen aus der Branche bereitstellen.
Wenn eine Arbeitsgruppe der Mafia aufschreiben dürfte, was die Polizei tun sollte, um die Kriminalität einzudämmen, die Empfehlungen würden sich ähnlich lesen.
Dieser Bericht ist kein Ausrutscher. In früheren Berichten dieser Art, die laut G30 sogar von der „Aufseher-Community“ bestellt worden seien, konnte man zum Beispiel lesen, dass die Bankaufsicht hohe Gewinne der Großbanken fördern soll, und sei es durch Nutzung von hoheitlichen und sensiblen Informationen, und dass die Aufseher sich „auf die Governance, das Risikomanagement und die Kontrollprozesse der Institutionen verlassen sollen.“ Dort wurde auch die Ansicht vertreten, dass die Aufsichtsräte der Finanzinstitute als Vertreter der Aktionäre deckungsgleich Interessen mit denen der Aufseher haben.
Unabhängigkeit der Notenbanken von der Politik kann eben auch ungezügelte Interessenvertretung für die großen internationalen Finanzinstitute bedeuten, auf deren Payroll die meisten wichtigen Notenbanker entweder früher schon gestanden haben und/oder später stehen wollen.
[4.2.2019]