Studenten gehörten bereits zu den Hauptleidtragenden überzogener Pandemiemaßnahmen der Regierungen und Hochschulleitungen. Als dann die Energiepreise durch die Decke gingen, wurden erst einmal alle anderen mit Hilfen bedacht, bevor man zum Schluss kam, dass auch die Studentinnen und Studenten ein bisschen was bekommen müssen. Einmalig 200 Euro sollen es sein. Bekommen werden sie diese irgendwann, wenn der Winter längst zu Ende ist.
Aber immerhin wird ihnen jetzt schon einmal gesagt, was sie vorbereiten können, um schnell durch das komplizierte Verfahren zu kommen, das man sich ausgedacht hat. (Das mit der versprochenen einfachen Gestaltung hat man sich offenbar zwischenzeitlich anders überlegt.)
Um das Verfahren in seiner Genialität zu würdigen, sei kurz erwähnt, welches Verfahren man abgewählt hat, weil viel zu einfach. Studenten entrichten jedes Halbjahr einen Semesterbeitrag, sonst werden sie ausgelistet. In aller Regel sind das mehr als 200 Euro. Man hätte also die 200 Euro mit dem Semesterbeitrag verrechnen können. Dafür hätte es genügt, wenn die Hochschulen und Universitäten den Beitrag entsprechend gesenkt und sich das Geld vom Staat geholt hätten. So, wie man es mit dem Dezember-Abschlag an die Energieversorger gemacht hat. Dann hätten die Studenten das Geld bereits und der Aufwand für alle Beteiligten wäre gering gewesen. Auch bei den Berufs- und Fachschülern hätte sich sicher ein Weg gefunden, eine vom Staat an die Schulen überwiesene Summe mit etwas zu verrechnen oder an die Schüler auszuzahlen.
Schub für die digitale Identität
Wie gesagt: das wäre zu einfach und brächte keinen Schub für die digitale Identität. Stattdessen werden die Studenten aufgefordert, sich jetzt in Vorbereitung auf den vielleicht demnächst möglichen Antrag eine „BundID“ mit Online-Ausweis einzurichten.
Dazu braucht er oder sie ein ausreichend modernes Smartphone mit NFC-Fähigkeit. Zusätzlich muss es die AusweisApp nutzen können. Diese muss man sich herunterladen. Wenn man einen Ausweis von vor 2018 hat und der Aktivierung der eID-Funktion widersprochen hatte, muss man diesen Widerspruch jetzt rückgängig machen.
Bei neueren Ausweisen ist die Funktion automatisch aktiviert. Das wurde eingeführt, weil zu wenige Bürger freiwillig die angeblich überaus praktische und sichere Funktion haben wollten. Man braucht auch den PIN-Brief zum Personalausweis mit Transport-PIN und PUK. (Wohl denen, die wohlorganisiert sind und damit gerechnet haben, dass sie irgendwann gefreiwilligt werden.)
Wenn man das alles besitzt und zur Hand hat, kann man über die App die BundID beantragen, wobei man es vielleicht ein paar Mal zu unterschiedlichen Zeiten versuchen muss, weil die Netzseite leicht überlastet, langsam und fehleranfällig sein soll. Wenn die eID-Funktion des Ausweises defekt sein sollte, muss man sich einen neuen Ausweis holen, was dauert und je nach Alter bis zu 37 Euro kostet. Hat man den PIN-Brief nicht aufgehoben oder findet ihn nicht, muss man zur Gemeinde gehen oder über die App einen PIN-Brief anfordern.
Bisher nutzt die BundID kaum jemand. Durch die Zwangsbeglückung der Studentinnen und Studenten damit, dürfte sich die Nutzerzahl vervielfachen.
Eine Alternative zum Online-Ausweis (nicht zur BundID) ist ein Elster-Zertifikat, wie man es für die elektronsiche Steuerdaten-Übermittlung braucht. Wenn man noch keines hat, dauert das allerdings. Ohne BundID geht nichts, heißt es unmissverständlich auf einmalzahlung.de:
„Kann ich den Online-Antrag auch ohne BundID-Konto stellen?
Nein, Sie müssen sich mit einem BundID-Konto anmelden. Das BundID-Konto können Sie übrigens auch für den BAföG-Antrag und andere Online-Behördengänge verwenden.“
Damit der Prozess in Gang kommt, müssen die Ausbildungsstätten zuerst Listen mit all ihren Studenten mit Name, Geburtsdatum und Matrikelnummer an das Portal melden, nachdem dieses aktiviert ist. Für jeden gemeldeten Auszubildenden bekommen die Hochschulen bzw. Schulen einen individuellen Zugangscode zurück. Den Zugangscode teilen sie schließlich den Begünstigten „auf sicherem Transportweg“ mit.
Dazu müssen natürlich erst einmal in all den Hochschulen Schnittstellen zu dem Portal programmiert werden, damit die Übermittlung automatisiert stattfinden kann. Für die Zugangscodes muss eine sichere Zwischenspeichermöglichkeit geschaffen werden. Ende Februar soll es einen Probelauf mit einigen Hochschulen in einzelnen Bundesländern geben. Irgendwann im März soll der Prozess dann mit Glück allgemein in die Gänge kommen. Wie lange es dann noch dauert, weiß niemand.
Fazit
Ein absurd kompliziertes Verfahren für eine Einmalzahlung von 200 Euro hat man sich ausgedacht, um bei einer begrenzten Gruppe ohne Lobby, bei der kein allgemeiner Proteststurm in den Medien zu erwarten ist, den Zwang zur digitalen ID durchzuexerzieren.
Das zeigt, was man davon zu halten hat, es gehe bei der digitalen ID darum, den Bürgern mehr Bequemlichkeit beim sich Ausweisen und der Nutzung von staatlichen Leistungen zu bieten. Wie schon bei der digitalen Ausweisfunktion werden wir zu unseren Glück gezwungen, weil es eben um etwas anderes geht: um die Herstellung kompletter automatisierter Überwachbarkeit.
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