Georg Nowak nimmt Stellung zu Lawnik und Kessler

Herr Lawnik packt einen wunden Punkt an, der in der „Wasserstoffstrategie“ (mehr oder weniger bewußt [1]) übersehen wird: In großen Höhen (um die Tropopause [2] herum) ist die Temperatur so niedrig und, damit verbunden, die H2O-Konzentration so gering, daß jedes Einbringen von Wasserdampf-Molekülen zu einer Erhöhung der Rückstrahlung auf die Erde führt. Der leichteste Weg dieser Zusatzstrahlung zur Erde ist das normalerweise fast offene „Atmosphärische Fenster“ [3] (8 – 13µm Wellenlänge). H2O-Dimere [4], Kondensstreifen und dünne Wolken in Troposphärenhöhe tragen zur Erderwärmung bei. Die Aussichten für die Zukunft sind nicht rosig, wenn die Luftfahrtindustrie durch den gewünschten Einsatz von H2 ermutigt wird, mehr Flugzeuge in großer Höhe fliegen zu lassen, und das entstehende Wasser nicht auf den Boden zurückholt. Die Kondensstreifen sind aber nur ein Teil des Klimaproblems, auf das man ein Auge behalten muß. Das größere Problem ist wirklich vorläufig noch das CO2 aus Verbrennungsvorgängen sowie CH4 und N2O aus der Landwirtschaft.

Herr Kessler bezieht sich auf Arrhenius. Der Fehler, dem dieser aufgesessen war, lag im Versuchsaufbau, den sein Assistent Koch hergestellt hatte. Vielleicht hat Herr Arrhenius seinem Assistenten falsche Anweisungen gegeben, deshalb kann man ihn bedauern: „poor Herr Koch“ [5]. [Siehe Korrektur unten] Das Geschehen in der realen Atmosphäre läßt sich nicht in einer kleinen Röhre nachbilden. Der Treibhauseffekt, der sich auf die Atmosphären- und die Erdoberflächentemperatur auswirkt, findet in den unteren Kilometern über dem Erdboden statt. Man muß mindestens die Vorgänge bis zur Troposphäre betrachten. In aller Kürze:

  • – Der Erdboden strahlt entsprechend seiner Temperatur Wärmestrahlung nach oben ab (Infrarotbereich etwa 5 – 50µm, Maximum bei 10µm)
    – Teile der irdischen Strahlung gelangen nahezu ungedämpft in den Weltraum durch das „Atmosphärische Fenster“
    – Die übrigen Strahlungsanteile werden entsprechend dem Temperatur- und Druckprofil der Atmosphäre und entsprechend der Absorptionsfähigkeit der Gase absorbiert
    – Die Energie eines Photons [6], die ein absorbierendes Molekül aufnimmt, wird in Molekülschwingungen = Wärmeenergie umgesetzt und schnell unter den umliegenden Molekülen verteilt; die Umgebung besteht hauptsächlich aus Stickstoff und Sauerstoff (Helfermoleküle!)
    – Die Atmosphäre strahlt selbst in jedem Volumenelement entsprechend ihrer lokalen Temperatur ringsum, nach oben, nach unten und seitwärts
  • – Ein durch Zufluß von Photonen erwärmtes Volumenelement strahlt deshalb stärker als ohne Photoneneinstrahlung
    – Die oberste Atmosphärenschicht strahlt – mit dem Spektrum der oben herrschenden niedrigen Temperatur – in den Weltraum
    – Die erdbodennahe Atmosphärenschicht strahlt mit der erdbodennahen Temperatur auch Richtung Erdboden; diese Strahlung wird von der Erdoberfläche und den Wasseroberflächen absorbiert, was diese erwärmt.

Jetzt kommt der Einfluß der Höhe, wo Druck und Temperatur sinken:

Die Zustände von Atomen und Molekülen [7] ändern sich nur zwischen zwei fest definierten Energiebeträgen [8], wobei die Energiedifferenz entweder als Photon aufgenommen wird (-> Energieerhöhung im Molekül) oder als Photon in eine beliebige Richtung abgestrahlt wird (-> Energieerniedrigung im Molekül) [9][10]. Ersteres erwärmt, Letzteres kühlt das Gas. Das grundlegende Prinzip der Molekülvorgänge ist immer die Erzielung eines Gleichgewichts zwischen Einstrahlung und Abstrahlung [11].

Bei höherer Temperatur gibt ein Atmosphärenelement (wie jede Flüssigkeit und jeder Festkörper) mehr Strahlungsenergie ab als bei niedrigerer Temperatur [12]. Nebenbei: Was überhaupt strahlen kann, ist die entscheidende Frage! N2 und O2 sind es gerade nicht (genauer: kaum).

Druck und Temperatur in einem Atmosphärenelement bewirken eine „Linienverbreiterung“ strahlungsfähiger Moleküle [13][14][15]. Die haarscharfe Spektrallinie eines Photons *erscheint* durch die Linienverbreiterung verändert. Dieser Effekt ist seit langer Zeit bekannt [16].
Mit der Höhe über dem Erdboden sinken sowohl Temperatur als auch Druck. Das heißt, mit der Höhe nehmen sowohl die Linienbreiten als auch die Intensität der Strahlung ab.

Im Folgenden symbolisiere ich die Treibhausgaskonzentrationen mit ‚KonzNiedrig = niedrig‘ und ‚KonzHoch = hoch‘, die Strahlungsintensitäten mit ‚IntensNiedrig = niedrig‘ und ‚IntensHoch = hoch‘.
Bei KonzNiedrig finden Absorption und Emission in größerer Höhe statt, die Strahlung hat IntensNiedrig.
Bei KonzHoch finden Absorption und Emission in geringerer Höhe statt, die Strahlung hat IntensHoch.

Wer die Gesamtwirkung nachvollziehen möchte, kann eine Simulation für verschiedene Erdregionen mit unterschiedlichen Gaskonzentrationen durchführen [17]. Dabei beachten: Je wärmer die Luft z.B. durch erhöhte Konzentrationen von CO2, CH4 etc., umso mehr gasförmiges H2O kann sich in der Luft halten [18], was entsprechend berücksichtigt werden muß.

Was manchmal als „Sättigung“ bezeichnet wird, ist das eingestellte Gleichgewicht bei den jeweiligen Konzentrationen absorptionsfähiger Gase. Es gibt für jede Konzentration eine neue Sättigung.

Beste Grüße, Georg Nowak

Nachtrag (10.5.): Manchmal wird der Begriff „Sättigung“ verwendet, um den natürlichen bzw. den heutigen Treibhauseffekt zum maximal möglichen zu erklären. Hier die Erklärung, warum dies nicht zutrifft: Die Sättigung mag für die Haupt-Wellenlängen im Absorptions-/Emissions-Spektrum gelten, deren Strahlung innerhalb weniger Meter absorbiert wird, wo die Temperatur noch nahe der Bodentemperatur ist. Gesättigt sind dagegen *nicht* die großen Spektralbereiche zwischen den Hauptlinien, die erst durch Linienverbreiterung entstehen. Die Stärke der Absorption in diesen großen Bereichen ist eine statistische Größe, die von Druck, Temperatur, Gasart, Konzentration des Gases und der betrachteten Wellenlänge abhängt (siehe zur Anschaulichkeit Quelle [15]).
Wenn ein nicht-kondensierendes und langlebiges Gas wie CO2 in die Luft entlassen wird, dauert es eine Weile, bis es sich in der Atmosphäre (bis in Höhen nahe 100km) halbwegs gleichmäßig verteilt hat. In diesem neuen Gleichgewichtszustand der Gasverteilung gilt das Gesagte.

Korrektur (14.05): Eine Korrektur meines Textes „Georg Nowak nimmt Stellung zu Lawnik und Kessler“ ist angebracht: Der ‚arme‘ Herr Koch war nicht der Assistent von Svante Arrhenius, sondern von Knut Ångström.

Die von Herrn Kessler zitierte Aussage, „dass die Wirkung von jedem weiteren emittierten Molekül CO2 auf die Erwärmung der Erde um den Faktor 10 hoch 4 = 10.000 abgeschwächt wird (..)“ (Happer und van Wijngaarden), enthält einen wahren Kern, nämlich das Plancksche Strahlungsgesetz.
https://de.wikipedia.org/wiki/Plancksches_Strahlungsgesetz#Bedeutung

Nimmt man ein Simulationsprogramm wie Modtran, kann man die Atmosphärische Gegenstrahlung auf der Erde ablesen.
http://climatemodels.uchicago.edu/modtran/

Eine Verdopplung der Konzentration von CO2 in der Atmosphäre erzeugt im Klimamodell „1976 U.S. Standard Atmosphere“ eine Erhöhung des Strahlungsantriebs um etwa 3,5 W/m². Darauf das Plancksche Strahlungsgesetz angewandt, hat man eine bestimmte Temperaturerhöhung. Der CO2-bedingten Erwärmung folgt aber noch ein erhöhter Wasserdampfgehalt der Atmosphäre und damit ein weiter erhöhter Strahlungsantrieb. Dies ist die Wasserdampf-Rückkopplung.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserdampf-R%C3%BCckkopplung#Wasserdampf-R%C3%BCckkopplung

Das ist überhaupt keine Neuigkeit, sondern lange bekannte Physik. Happers Arbeitsweise bei Klimathemen war aber nicht unbedingt wissenschaftlich.
https://de.wikipedia.org/wiki/William_Happer#Klimawandelleugnung

[1] https://e-space.mmu.ac.uk/618290/1/Fahey%20and%20Lee%20CCLR%202016.pdf  siehe Concluding Remarks: „(..)reluctance to tackle this effect (..)“
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Tropopause
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Atmosph%C3%A4risches_Fenster
[5] https://www.realclimate.org/index.php/archives/2007/06/a-saturated-gassy-argument-part-ii/
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserstoffbr%C3%BCcke
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Photon
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Molek%C3%BClschwingung#Schwingungsformen_und_Bezeichnungen
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Energieniveau
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Spontane_Emission
[10] https://phet.colorado.edu/sims/html/molecules-and-light/latest/molecules-and-light_de.html

Einschalten mit grünem Druckknopf; Strahlungsart und Molekülart auswählen
[11] http://www.ing-buero-ebel.de/strahlung/Original/Einstein.pdf   Dank an Jochen Ebel für die Kommentierung!
[12] https://de.wikipedia.org/wiki/Plancksches_Gesetz#Bedeutung
[13] <https://de.wikipedia.org/wiki/Linienverbreiterung>
[14] https://www.ralph-wagner.de/Linienverbreiterungen.pdf
[15] http://spectraplot.com/absorption
[16] https://de.wikipedia.org/wiki/Rotverschiebung
[17] http://climatemodels.uchicago.edu/modtran/
[18] https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%A4ttigungsdampfdruck#Berechnung_des_S%C3%A4ttigungsdampfdrucks_von_Wasser_%C3%BCber_die_Magnus-Formel

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