Replik von Gero Jenner mit meiner Stellungnahme

Gero Jenner hat empfindlich auf meine Kritik reagiert. Da die Reaktion sich außer in einem geänderten Titel seines Beitrags nur in einer neu eingefügten Fußnote findet, will ich nicht darauf verweisen, sondern sie hier widergeben und antworten.

Replik von Gero Jenner zu „Auch der Spiegel ..“ (mit meiner Antwort, N.H.):

Abschließend einige Bemerkungen zu einer kritischen Stellungnahme von Herrn Norbert Häring, Mitarbeiter am Handelsblatt und nach eigenem Eingeständnis Anhänger des Wunderglaubens an die Geldschöpfung aus dem Nichts (https://norberthaering.de/index.php/de/27-german/news/146-auch-der-spiegel-feiert-in-sachen-geld-den-aufstand-gegen-die-vernunft). Meine konkreten Nachweise der groben Schnitzer im Spiegelartikel übersieht er großzügig, umso mehr bemüht er sich stattdessen, mir selbst Schnitzer und Unkenntnis nachzuweisen. Wenn ich richtig zähle, kommt er auf insgesamt fünf Einwände, die ich hier kurz anführen und beantworten möchte.

N.H.Herr Jenner, ich übersehe gar nichts großzügig. Ich beschäftige mich lediglich mit Ihrer These, dass Geldschöpfung aus dem Nichts durch Geschäftsbanken nicht funktioniert. Da muss ich mich nicht auch mit irgendwelchen anderen Thesen auseinandersetzen. Der Beitrag war ja wirklich lang genug.

1) „Wenn die Banken in größerem Umfang Wertpapiere kaufen, dann sind die Einlagen kleiner als die Kredite“ – das sagt Häring, um Creutz und mich zu widerlegen. Hörmann behauptete, wie im Artikel vermerkt, das genaue Gegenteil. Häring bringt hier also eine eigene, eben seine Theorie ins Spiel, die ja nicht jeder kennen muss (der Spiegelartikel sprach ja bereits davon, dass es alle möglichen, meist miteinander zerstrittenen Strömungen im Lager der Wundergläubigen gibt). Ich gehe in meiner Kritik auf die klassische bis auf Irving Fisher zurückgehende Begründung der Geldschöpfung bei Senf ein, und dieser versteht in seinem Buch „Der Tanz um den Gewinn“ die Einlagen genau wie Creutz und ich selbst als Kundeneinlagen bei der Bank. Wie Senf sich aus der Affäre zieht – oder besser gesagt, nicht ziehen kann – wird in Anmerkung 12 gezeigt.

N.H.: Tut mir leid, ich habe Creutz nicht gelsen. Muss ich auch nicht. Ihre These ist klar, dass der Befund, wonach die Einlagen kleiner sind als die Kredite ein Beleg dafür ist, dass Banken kein Geld schöpfen können. Ich habe dargelegt, dass der Befund ohne weiteres mit der Geldschöpfungsthese kompatibel ist. Wenn ich dabei einen Fehler mache, weisen Sie es mir bitte nach und verweisen stattdessen nicht auf Ihre Privatdiskussion mit Creutz.

„Wenn 99% der Transaktionen in bar abgewickelt werden, wird der Kreditkunde von Bank AA wohl gleich selbst das geliehene Geld abheben, um die Baufirma Y in bar zu bezahlen.“ Wieso denn das? Diese Behauptung wird durch das Denkmodell von Anmerkung 7 zurückgewiesen.

N.H.: 99% der Transaktionen werden in bar abgewickelt. Typisch ist also der Fall, wo jemand eine Rechnung zu bezahlen hat, und diese bezahlt, indem er sich Bargeld holt und das Bargeld überreicht. Warum also nicht den typischen Fall annehmen und untersuchen, wenn sie schon die 99%-Annahme treffen. Sie nehmen stattdessen an, dass der Kunde seine Baufirma per Überweisung zahlt, die Baufirma ihre Rechnungen dann aber bar bezahlt. Warum so umständlich?

„Mit Mindestreserven meint Jenner Guthaben der Geschäftsbanken AA und BB bei der Zentralbank. (Mindestreserven sind genau genommen nur ein Teil davon.) Zentralbankreserven stellen einen Anspruch auf Auszahlung von Bargeld dar.“ Hier ist Häring im Recht, aber er sollte sich mit seiner Kritik (die freilich nur auf eine im Zusammenhang völlig unbedeutende begriffliche Richtigstellung hinausläuft) besser an Prof. Senf richten (‚Tanz’; S. 92).

N.H.: In der Tat eine unbedeutende begriffliche Richtigstellung, daher auch nur als Klammereinschub. Wollte wirklich kein großes Ding drauß machen, nur erklären, was gemeint ist.

„Weil Bank BB nun gegenüber Y eine Schuld von 10 Mio. Euro hat, will sie dafür natürlich von AA etwas haben. Dieses Etwas ist ein Zentralbankguthaben von 10 Mio Euro, das von AA auf BB umgeschrieben wird. Das ist keine Theorie. Das ist die Funktionsweise des modernen unbaren Zahlungsverkehrs, mit der Jenner leider nicht ganz vertraut ist.“ Diese Kritik ist böswillig, weil sie mir unterstellt, als würde ich etwas anderes behaupten.

N.H.: Sie haben geschreiben, Herr Jenner: „die beiden Geschäftsbanken machen gegeneinander ja so gut wie keine Ansprüche auf die in Notenbankscheinen notierten Mindestreserven der jeweils anderen geltend.“ Ich verstehe das so, dass die Geschäftsbanken gegeneinander so gut wie keine Ansprüche auf Mindestreserven des jeweils anderen stellen. Was ist an diese Interpretation böswillig? Ich verstehe es nicht.

„Falsch. Eine Schuld gegenüber einer Bank kann auch eine Geschäftsbank nicht durch selbstgeschaffenes Geld begleichen. Banken akzeptieren untereinander nämlich nur Zentralbankguthaben oder Bargeld zur Begleichung einer Schuld.“ Ein weiterer Fall von Böswilligkeit, denn auch hier verfechte ich genau dieselbe Position.

N.H.: Vielleicht habe ich Sie missverstanden. Sie haben geschrieben: „Theoretisch scheint es in diesem Fall möglich, dass jede Bank, die einer anderen gegenüber eine Schuld besitzt, diese einfach durch die Kreation von Ziffern, also von Geld aus dem Nichts, ausgleicht, weil ja das zur Deckung dienende Bargeld nur noch zu einem Prozent existiert.“ Ich hatte das so verstanden, dass eine Bank, die einer anderen etwas schuldet, diese Schuld durch selbst aus dem Nichts geschaffenes Geld ausgleichen kann. Das ist nicht möglich, habe ich erwidert, weil Banken Schulden gegenüber anderen Banken nicht mit selbst geschaffenem Geld, sondern nur mit Zentralbankgeld augleichen können.

Diese Art der Auseinandersetzung, bei der man die Absicht eines Textes absichtlich missversteht, um ihn auf dieser Grundlage anschließend zu kritisieren, ist heute leider nicht ungewöhnlich. Leider spricht die Tatsache, dass Herr Häring es in seinem Blog nicht für nötig hält auf die von ihm kritisierte Quelle zu verweisen (den Titel führt er nur in seiner zweiten Hälfte an) auch nicht gerade für die Ehrlichkeit seiner Absichten.

N.H. Sollte ich Sie missverstanden haben, geschah das nicht absichtlich. Wer so austeilt wie Sie, Herr Jenner, sollte sich selbst ein etwas dickeres Fell wachsen lassen. Auf die kritisierte Quelle, also Ihren Beitrag, habe ich übrigens in der ersten Zeile meines Beitrags unter Namensnennung und mit einem direkten Link verwiesen. Zudem habe ich Ihre Argumente und Darstellung ausführlichst zitiert.
Mit kollegialen Grüßen
Norbert Häring

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