9. 02. 2021 | Hören | Der freie Rundfunkredakteur Walter van Rossum hat ein Buch geschrieben, in dem er viele Einzelpunkte verbindet, in Form von Auffälligkeiten bei der politischen Reaktion auf die Covid-Pandemie, und hat damit ein großes Bild sichtbar gemacht – die Nutzung der Gesundheitskrise zur Gewöhnung der Menschen an repressive Herrschaftsformen.
Im Folgenden mit freundlicher Genehmigung des Autors ein Auszug aus dem Buch. Die Quellenhinweise in den hier weggelassenen Fußnoten finden Sie im Original.
Meine Pandemie mit Professor Drosten
Von Walter van Rossum
Die 1948 gegründete Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde ursprünglich von den quotierten Pflichtbeiträgen der Mitgliedsländer finanziert. 1993 wurde die Höhe der Beiträge eingefroren, und in den letzten 20 Jahren haben immer mehr Länder ihre Beitragszahlungen entweder reduziert oder ganz eingestellt. Die USA leisteten mit einem Anteil von 15% die höchste Einzahlung, bis Donald Trump im April 2020 den Austritt aus der WHO im nächsten Jahr ankündigte.
Gegenwärtig finanziert sich die internationale Gesundheitsbehörde zu etwa 20% aus den Pflichtbeiträgen, die restlichen 80% verdankt sie freiwilligen Zahlungen und Spenden. Der mit Abstand größten Einzahler sind die Bill & Melinda Gates Foundation – mit etwa 10% des Gesamtbudgets von 4,4 Milliarden Dollar – sowie Gavi, die von Gates ins Leben gerufene und größtenteils von ihm finanzierte Impfallianz, die weitere 8% beisteuert. Man muss davon ausgehen, dass solche privaten Großspender einzeln oder im Verbund erheblichen Einfluss auf die Politik und die Entscheidungen der WHO ausüben. Darüber hinaus kann man schätzen, dass fast die gesamte Weltgesundheitspolitik weitgehend von nicht öffentlichen Institutionen und Stiftungen bestimmt wird.
Die globale Pandemieagentur wurde die Johns Hopkins University. Niemand schien sich darüber zu wundern, dass die täglichen Fallzahlen auch für Deutschland aus Baltimore kamen. Offenbar stand der amerikanischen Regie ein deutsches Netzwerk zur Verfügung, das mit dem Robert Koch-Institut (RKI) konkurrierte und es zugleich kontrollierte. (…)
Interessierte Kreise behaupten gerne, dieses Jahr würde die Wirtschaft um etwa 5% einbrechen, dafür ginge es im nächsten Jahr wieder aufwärts. Man muss kein Ökonom sein, um diesen Schwindel zu durchschauen. Neben den 6% offiziell gemeldeten Arbeitslosen oder 2,76 Millionen Menschen vergisst man konsequent, auf die Masse der Kurzarbeiter hinzuweisen. Nach 7,3 Millionen im Mai ist die Zahl im September auf 3,7 Millionen gesunken.1 Damit müssten die Sozialsysteme für knapp 7 Millionen Menschen aufkommen, das heißt für insgesamt über 17 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Dazu kommen Millionen von Selbstständigen, Zeitarbeitern, Soloselbstständigen, Leiharbeitern und Minijobbern, die vor dem blanken Nichts stehen.
Es wird damit gerechnet, dass Zehntausende von Läden und kleinen Betrieben die Maßnahmen gegen die Pandemie nicht überleben – trotz „unbürokratischer“ Hilfe, die bloß einen Aufschub bewirkte. In Zahlen nicht auszudrücken ist die Verzweiflung derer, die vor dem Scherbenhaufen ihres Lebens stehen. Für fast alle hat sich die vertraute Lebensrealität aufgelöst. Maskierte Menschen irren durch das Trümmerfeld einer Gesellschaft. Jeder des anderen Bedrohung.
Orientierungslos werden sie zur Beute einer Exekutive, die nach Belieben fast alle Grundrechte außer Kraft setzt und kaum mehr versucht, den Schein einer demokratischen Ordnung zu wahren. „Wie noch nie seit Bestehen der Bundesrepublik haben Bundes- und Landesregierungen in der ausgerufenen ‚epidemischen Lage von nationaler Tragweite‘, die an keinerlei gesetzliche Voraussetzung geknüpft ist, flächendeckend elementare Grund- und Freiheitsrechte massiv eingeschränkt und ausgesetzt: allgemeines Persönlichkeitsrecht, Recht auf Freizügigkeit, auf Handlungsfreiheit, auf Bildung, auf Versammlungs-, Meinungs-, Kunst- und Religionsfreiheit, den Schutz von Ehe, Familie und Kindern, Freiheit der Berufsausübung, Gewerbe- und Reisefreiheit“, erklärt der Anwalt Rolf Gössner. Damit nicht genug: „Sämtliche Corona-Maßnahmen in Bund und Ländern basieren auf Regierungsdekreten – ohne vorherige parlamentarische Beschlussfassung.
Das dürfte verfassungswidrig sein, weil es doch um massive Eingriffe in elementare Grundrechte geht, verbunden mit schwerwiegenden sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen sowie Langzeitschäden.“1 Dazu kommt, dass alle diese Maßnahmen auf der Basis von – vorsichtig gesagt – invaliden Daten, man könnte auch sagen: falschen, gefälschten oder falsch interpretierten Daten beschlossen wurden. Wie soll man es nennen, wenn die Bundeskanzlerin, ihre Minister und deren virologische Bauchredner permanent von „exponentiellen Zahlen“ sprechen, die es zu keinem Zeitpunkt gab? Das bereits mehrfach zitierte vertrauliche Papier des Bundesinnenministeriums gibt einen Umgang mit Zahlen vor, der es erlaubt, von gezielten Fälschungen zu sprechen.
Die führenden Wirtschaftsmächte – mit Ausnahme von China – erlitten dramatische ökonomische Einbrüche. Die meisten Volkswirtschaften werden nur mit aberwitzigen Neuverschuldungen überleben. Und das dann als Geiseln der Finanzindustrie oder der Weltbank.
Am schlimmsten aber sind die Folgen für die sogenannten Entwicklungsländer. Zusätzlich zum Heer der 690 Millionen Menschen weltweit, die vor Corona unterernährt waren, und den 144 Millionen Kindern, die aufgrund chronischer Unterernährung wachstumsverzögert sind, rechnet man damit, dass zum Jahresende weitere 225 Millionen Menschen hungern müssen – durch Corona.
Die Internationale Arbeitsagentur schätzt, dass 1,6 Milliarden Menschen durch Corona ihre Lebensgrundlagen verlieren. „In Indien, einem der derzeit am stärksten von COVID-19 betroffenen Länder, haben Ökonomen der State Bank of India im August prognostiziert, dass je nach Bundesstaat die Zahl der Toten durch den massiven Wirtschaftseinbruch in diesem Jahr vier- bis zwanzigmal so hoch sein dürfte wie die Zahl der Toten durch COVID.“
Afrika hat etwa 1,2 Milliarden Einwohner. Nach offiziellen Angaben starben auf dem Kontinent ca. 40.000 Menschen an COVID. Verteilt auf 55 Länder5 hieße das, etwa 700 Menschen pro Land wären mutmaßlich an COVID-19 gestorben – auf einem Kontinent, wo jährlich Millionen verhungern. „Es zeigt sich schon jetzt, dass die ökonomischen Kollateralschäden der Pandemie vor allem die Entwicklungs- und Schwellenländer treffen. Wir sprechen hier von zwei Dritteln der Menschheit. Die Pandemie hat eine der größten Wirtschaftskrisen und in Folge eine der größten Armuts- und Hungerkrisen ausgelöst.
An den Folgen der Lockdowns werden weit mehr sterben als am Virus. Allein auf dem afrikanischen Kontinent rechnen wir dieses Jahr mit zusätzlich 400.000 Malaria-Toten und HIV-Opfern sowie eine halbe Million mehr die an Tuberkulose sterben werden. Allein 25 afrikanische Staaten stehen vor dem Staatsbankrott. Investoren haben 100 Milliarden an Kapital abgezogen, Währungen und Rohstofferlöse sind eingebrochen“, erklärte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller im September 2020.
Wie aber kann man erklären, dass sich bettelarme Länder wie Simbabwe oder Madagaskar dem radikalen chinesischen Lockdown-Modell unterworfen haben – wohlwissend, dass ein Großteil der Bevölkerung von Tagelöhnerei lebt und somit dem Untergang geweiht ist?
Darauf hat der Soziologe Harald Wiesendanger eine erschreckende Antwort gefunden. Ihm ist aufgefallen, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) 80 Staaten seit Beginn der Pandemie erhebliche Summen hat zukommen lassen – sei es in Form von Schuldenerlass oder von Krediten. Zur Zeit (November 2020) handelt es sich um Beträge in Höhe von 250 Milliarden Dollar – allerdings sehr ungleich aufgeteilt: 500 Millionen Dollar für Schuldenerlass, der gesamte Rest als Kredite, mit denen sich diese Länder weiter verschulden und in noch größere Abhängigkeit vom IWF mit den bekannten Folgen begeben. Weitere „Hilfen“ sind vorgesehen.
Jedes Land verpflichtet sich bei Kreditannahme bzw. Schuldenerlass zur Erfüllung bestimmter Auflagen. Diese „Governance Commitments in Letters of Intent for COVID19-Related Rapid Instruments“ kann man auf der Seite des IWF nachlesen. Hier die Absichtserklärung von Ägypten als ein Beispiel:
„Wir verpflichten uns zu einer transparenten und rechenschaftspflichtigen Umsetzung politischer Maßnahmen, um auf die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen von COVID-19 zu reagieren und um wirksam Maßnahmen gegen Korruption zu ergreifen.“
Gleichzeitig wird penibel Buch geführt, wie es in jedem der Länder um den Stand der Pandemiebekämpfung steht.
Und dann wäre da noch die Schwester des Internationalen Währungsfonds: die Weltbank. Erstaunlicherweise verspricht die Weltbank bereits am 11. Februar 2020 den von COVID-19 betroffenen Ländern Hilfen in Höhe von 150 Milliarden Dollar. Als Gebiete, denen die Weltbank ihre Aufmerksamkeit schenkt, werden etwa Indien, Nigeria oder die Mongolei genannt, obwohl zu diesem Zeitpunkt keines dieser Länder auch nur einen einzigen Fall gemeldet hat. Trotzdem hat die Regierung der Mongolei Ende Januar eine landesweite Maskenpflicht und kurz darauf einen strengen Lockdown angeordnet. Erst im September wurden die Restriktionen gelockert. Bis heute wurden in der Mongolei 406 Fälle von SARS-CoV-2 gemeldet. Kein Toter.
In der Mongolei leben durchschnittlich zwei Menschen pro Quadratkilometer – etwas über 3 Millionen Menschen auf einer Fläche, die viermal so groß ist wie die Bundesrepublik. Die Chance, zu einem gefährlichen Ausbruchsgebiet zu werden, darf man getrost als superminimal bezeichnen. Doch für die radikalen Maßnahmen gegen COVID-19 erhielt das Land 99 Millionen Dollar vom Weltwährungsfonds, und die Weltbank legte am 2. April noch einmal 26,9 Millionen Dollar drauf „für das COVID-19-Projekt für Notfallmaßnahmen und Gesundheitsvorsorge in der Mongolei, um den Notfallbedarf angesichts der Pandemie zu decken und sich besser auf zukünftige Gesundheitskrisen vorzubereiten“. Zu diesem Zeitpunkt galten 12 Menschen als infiziert.
Auch der Fall von Nepal ist interessant. Das Königreich im Himalaya – laut Weltbank auf bestem Wege zur blühenden Demokratie – erhielt am 6. Mai vom IWF 214 Millionen Dollar. Bereits am 2. April hatte die Weltbank 26,9 Millionen Dollar bereitgestellt, damit das Land sich gegen COVID-19 wappnen kann. Bis zum 6. Mai gab es 99 bestätigte Fälle.
Doch die internationale Unterstützung war vermutlich eher als Belohnung gemeint. Denn Nepal hatte bereits seit Ende März Quarantänelager eingerichtet, wo „angeblich ‚Infizierte‘ mit Verdachtsfällen unter erbärmlichsten Bedingungen zusammengepfercht [werden] – und [diese] kommen erst frei, wenn sie sich Hygieneauflagen fügen, einsichtig und vollumfänglich“. Zugleich erlitt das ganze Land einen harten und radikalen Lockdown. Nach Lockerungen Ende Juli verzehnfachte sich die Zahl der „Infizierten“.
Die Liste solcher Länder ist lang und die Folgen sind furchtbar. Der Verdacht, dass der Lockdown in vielen der ärmsten Länder erkauft wurde, liegt auf der Hand.
Mit anderen Worten: Die globalen Realitäten wurden systematisch zerrüttet, und zwar nicht von dem Virus, sondern von den Maßnahmen, die in seinem Namen ergriffen wurden. Das ist unverzeihlich. Doch vermutlich die Voraussetzung für die seit Langem vorbereitete Offenbarung, die uns bevorsteht.
Walter van Rossum: „Meine Pandemie mit Professor Drosten: Vom Tod der Aufklärung unter Laborbedingungen„. Rubikon Verlag. 260 Seiten. 20 Euro.