Der Leser hat ein Problem, wie es zunehmend auftritt. Privatleute und Kleinunternehmer ohne speziellen Vertrag für Bargelddienste mit einer Bank oder einem sonstigen Anbieter, haben gelegentlich einen Bargeldüberschuss und werden die überzähligen Münzen, die sich im Zahlungsverkehr nicht sinnvoll verwenden lassen, bei Ihrer Hausbank gar nicht mehr oder nur zu hohen Kosten los. Nimmt die Hausbank das Geld nicht, wird es noch schwieriger, denn bei Fremdkunden sind Banken in dieser Hinsicht noch zurückhaltender.
Das gehört aus meiner Sicht zu den sehr wirksamen indirekt wirkenden Methoden, wie die Bargeldnutzung zurückgedrängt wird. Schließlich kommt der Widerwille der Banken gegen Bargeldannahme nicht von ungefähr, sondern wurde herbeigeführt, wie weiter unten noch zu sehen sein wird.
Beschwerde bei der Bank
Der Leser beschwerte sich zunächst beim regionalen Spitzeninstitut seiner Hausbank.
„Sehr geehrte Damen und Herren,
es war Jahrzehntelang möglich und selbstverständlich, dass ich bei unserer Bank das Münzgeld abgeben konnte und mir der Betrag auf das Girokonto gutgeschrieben wurde. Seit Monaten nun (zunächst begründet mit „Corona“) nimmt unsere Bank (Filiale xx in Mainz) kein Münzgeld mehr an und verschiebt den Zeitpunkt, ab dem das (wieder, N.H.) möglich sein soll, schrittweise immer weiter ohne Perspektive auf Lösung des Problems. Einzige Begründung, die ich vom Tel-Support erfahre, der sich wiederum hinter Ihren Entscheidungen versteckt: Die Bundesbank würde der Bank angeblich das Münzgeld ihrerseits nicht mehr abnehmen. Ich habe hier in Mainz und weiterer Umgebung keine Alternative, da die Bundesbank-Filiale (für Privatkunden, N.H.) bis 2023 wegen Umbauarbeiten geschlossen ist. Ich sehe es aber als essentiell an, dass Bürger das gesetzliche Zahlungsmittel unbeschränkt verwenden und selbstverständlich auch in andere Formen (Giralgeld-Guthaben oder auch Geldscheine) umwandeln können. Geschäftsbanken als die zentralen Institutionen des Geldverkehrs gegenüber Nichtbanken haben dieses m.E. auch zu gewährleisten. Ich bitte Sie herzlich darum anzuweisen, dass unsere Bank bitte unverzüglich die Annahme von Münzgeld wieder vollzieht und dieses in einer Information an alle Kunden auch kundtut. Vielen herzlichen Dank.
Antwort der Bank
Das regionale Spitzeninstitut der Bank antwortete, man werde ab November den Münzgeld-Service in der betreffenden Filiale wieder anbieten. Dieser Service werde dann allerdings nicht mehr gebührenfrei angeboten. Beigefügt wurde die Information, die im Kundenmagazin der Bankengruppe veröffentlicht wurde.
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Hinweis in eigener Sache
Ab dem ersten November berechnen wir für Einzahlungen von Münzen einen Betrag von 5,50 Euro pro Safebag (Sicherheitsbeutel). Grund dafür ist der hohe Aufwand, der mit diesem Service verbunden ist. Denn neben dem Zählen, Sortieren und Lagern schreibt der Gesetzgeber unter anderem auch die Überprüfung der Münzen auf Echtheit vor. Unser Tipp: Bezahlen Sie Ihre Einkäufe am besten mit Debit- oder Kreditkarte, damit sie erst gar kein Kleingeld ansammeln.
Ausdrücklich wird auf die schikanöse, vor einigen Jahren von der EU eingeführte Regelung verwiesen, dass jede Münze, bis hinunter zu Centmünzen, die praktisch nie gefälscht werden, auf Echtheit geprüft werden muss, bevor sie wieder in Verkehr gebracht wird, was einen beträchtlichen Aufwand für die Bargelddienstleister hervorruft.
Von dort wird gleich übergeleitet zu dem Vorschlag, doch einfach Bargeld gar nicht mehr zu verwenden. Deutlicher kann man die Zusammenhänge kaum machen.
Antwort der Bafin
Die Bafin, bei der sich der Kunde beschwerte, belehrt diesen zunächst über ihr Aufgabengebiet unter anderem des kollektiven, nicht aber individuellen Verbraucherschutzes und antwortete dann in der Sache:
„Zu dem geschilderten Sachverhalt kann ich Ihnen rechtlich unverbindlich mitteilen, dass gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank „auf Euro lautende Banknoten … das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel“ sind und ein Gläubiger das gesetzliche Zahlungsmittel zur Tilgung einer Geldschuld akzeptieren muss, sofern für eine Zahlung nichts anderes vereinbart wurde. (…) Diese Annahmeverpflichtung für Banknoten und Hartgeld (bis zur genannten Höchstgrenze) gelten jedoch allein für den Fall, dass die Banknoten bzw. das Hartgeld als Zahlungsmittel, d.h. zur Erfüllung einer Vertragsleistung, genutzt werden. In dem von Ihnen geschilderten Fall wollten Sie jedoch bei der Bank lediglich Euro-Münzen einzahlen und nicht beim Institut eine Vertragsleistung bezahlen. Insofern bestand für die Bank auch keine Annahmeverpflichtung im Rahmen der o. g. gesetzlichen Regelungen. Im Rahmen der bestehenden geschäftspolitischen Entscheidungsfreiheit kann ein Kreditinstitut grundsätzlich eigenständig entscheiden, ob bzw. für wen es eine Dienstleistung anbietet und zu welchem Entgelt. Insofern kann ich es auf Grundlage der o. g. gesetzlichen Regelungen grundsätzlich nicht beanstanden, dass Kreditinstitute die Annahme von Münzgeld einschränken.
Stellungnahme der Bundesbank
Ich fragte bei der Bundesbank an, deren Vorstände sich ja zumindest in ihren Reden gern als Schutzpatrone des Bargelds gebärden, wie sie zu der Problematik steht. Ich bekam eine schnelle und ausführliche Antwort auf meine Fragen, die ich hier, etwas gekürzt, wiedergebe:
„1) Sind Sparkassen und Banken berechtigt, Ihren Kunden die Einzahlung von Münzen auf deren Konten nach Belieben zu verwehren, oder Gebühren dafür zu verlangen? Immerhin sind Münzen ja gesetzliches Zahlungsmittel.
(…) Der währungsrechtliche Grundsatz, wonach an sich jedermann gehalten ist, mangels abweichender Vereinbarung Zahlungen mit Euro-Bargeld als ordnungsgemäße Erfüllung einer Verbindlichkeit zu akzeptieren, greift jedoch nicht ein, wenn es nicht um die Erfüllung einer Verbindlichkeit, sondern beispielsweise um die Frage der Annahme von Bargeld zur Einzahlung auf ein Konto geht. Die dafür geltenden Regeln ergeben sich im Wesentlichen aus dem Zivilrecht, wie z. B. aus einem zwischen einem Kreditinstitut und Kunden bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrag. Die rechtliche Stellung von Banknoten und Münzen als gesetzliche Zahlungsmittel wird hiervon nicht berührt.
2) Wie steht die Bundesbank dazu, wenn Sparkassen und Banken die Annahme von Münzgeld verweigern oder stark erschweren und verteuern?
In den vergangenen Jahren haben unseres Wissens nach einige Kreditinstitute begonnen, für verschiedene Dienstleistungen, beispielsweise Ein- oder Auszahlungen, Entgelte zu verlangen oder diese zu erhöhen. Die Kreditinstitute sind sich dabei sicherlich bewusst, dass für viele ihrer Kunden Bargelddienstleistungen von hoher Bedeutung sind. Immerhin wurden laut einer Erhebung der Bundesbank im Jahr 2017 drei von vier Einkäufen bar bezahlt, was aufzeigt, dass das Bargeld einen festen Platz im Alltag vieler Menschen hat. Diese könnten entsprechend preissensibel hinsichtlich der mit ihrem bevorzugten Zahlungsmittel einhergehenden Kosten sein.
3) Welche Möglichkeiten haben Privatkunden, bei denen nur gelegentlich größere Münzgeldmengen anfallen (zum Beispiel Verkaufsaktionen von Schulklassen), wenn ihre Hausbank Münzeinzahlungen von Privatkunden nicht annimmt? Nach meiner Information sind Banken bei Fremdkunden besonders unwillig, Münzen anzunehmen.
Da auf Euro lautende Münzen ein gesetzliches Zahlungsmittel darstellen, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, diese wieder für Einkäufe auszugeben. Einige Kreditinstitute haben zwar die Möglichkeiten für Münzeinzahlungen reduziert, allerdings handelt es sich unserer Kenntnis nach dabei nicht um eine flächendeckende Entwicklung. Es steht darüber hinaus jeder Person frei, sich ein anderes Kreditinstitut zu suchen, dessen Dienstleistungsangebot – beispielsweise im Hinblick auf Bargeld – deren Bedürfnissen stärker entgegenkommt.
Darüber hinaus wurden in einigen Städten und Einkaufszentren privatwirtschaftlich organisierte Münzeinzahlautomaten aufgestellt, die gegen Entgelt (in der Regel Einbehaltung eines Prozentsatzes des eingezahlten Geldes) Münzen annehmen und dafür Banknoten oder Einkaufsgutscheine ausgeben. (Siehe für eine weitere Möglichkeit auch Antwort 7; NH.)
4) In der untenstehenden Bafin-Stellungnahme ist davon die Rede, dass die betreffende Bank die Nichtannahme von Münzen damit begründet habe, dass die Bundesbank-Niederlassung in Mainz dieser Bank keine Münzen abnehme. Trifft es zu, dass manche oder alle Bundesbank-Niederlassungen keine Münzen von Banken entgegennehmen?
Die Deutsche Bundesbank verfügt über ein fest definiertes und entsprechend bepreistes Dienstleistungsangebot für ihre Bargeldgeschäftspartner. Dieses Dienstleistungsangebot ist bundesweit einheitlich geregelt, d.h. die Dienstleistungen werden von allen unseren Filialen gleichermaßen und zu gleichen Bedingungen angeboten. Teil dieses Dienstleistungsangebots ist die Ein- und Auszahlung von Münzen in sogenannten Normcontainern, bei denen jeder Container eine festgelegte Menge an Münzen einer bestimmten Stückelung enthält.
Im Hinblick auf die Filiale Mainz ist festzuhalten, dass diese aufgrund größerer Umbauarbeiten bis voraussichtlich Ende 2022 nicht für Privatkunden zur Verfügung steht. Allerdings betrifft dies nicht die Geschäftsabwicklung mit Bargeldgeschäftspartnern, worunter Kreditinstitute einzuordnen sind. Es ist daher auszuschließen, dass Bargeldgeschäftspartner in der Filiale Mainz nicht in der Lage waren, Münzeinzahlungen mittels Normcontainer vorzunehmen.
5) Sieht die Bundesbank die Gefahr, dass Kleinmünzen in größerem Umfang weggeworfen werden oder in Kleinmünz-Horten verschwinden, weil die Bevölkerung keine komfortable Möglichkeit hat, diese Münzen einzuzahlen oder auszugeben?
Der Bundesbank liegen keine Erkenntnisse darüber vor, ob der Umfang der Einzahlungsmöglichkeiten für Kleinmünzen mit der Münzhortung im Zusammenhang steht. Kleinmünzen sind gesetzliches Zahlungsmittel und können wie Banknoten und andere Münzen verausgabt werden.
6) Viele Banken begründen gestiegene Gebühren für das Münzhandling mit einer EU-Verordnung, die die aufwendige Prüfung aller Münzen, auch der Kleinmünzen, auf Fälschung vorschreibt? Sollte diese Verordnung nach Ansicht der Bundesbank überprüft und ggf. geändert werden?
Da in Deutschland nicht nur die Bundesbank Bargeldrecycling vornimmt, sondern dies grundsätzlich auch privatwirtschaftliche Akteure dürfen, müssen auch diese Bargeldakteure gewissen Pflichten nachkommen. Nach der Verordnung (EG) Nr. 1338/2001 i.V.m. der Verordnung (EU) Nr. 1210/2010 sind die darin genannten Stellen verpflichtet, Euro-Banknoten und -Münzen, die sie erhalten haben und wieder in Verkehr geben möchten, auf Echtheit zu prüfen – ungeachtet der jeweiligen Stückelung. Ob dies maschinell oder mittels geschultem Personal geschieht, bleibt den Bargeldakteuren selbst überlassen.
Die Bundesbank hat keine Kenntnis von Bestrebungen zu einer eventuellen Änderung der Verordnungen. Der Bundesbank ist bewusst, dass diese Sorgfaltspflichten für die Bargeldakteure zu Belastungen führen. Sie tragen jedoch dazu bei, dass die Bevölkerung weiterhin sicheres Bargeld im Alltag nutzen kann.
7) Sieht die Bundesbank Handlungsbedarf, um dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung in Bezug auf Münzgeld in ausreichender Weise mit Bargeld-Dienstleistungen versorgt wird?
Bezüglich der Bargeldinfrastruktur in Deutschland ist aktuell keine Unterversorgung erkennbar. So ergab eine in diesem Jahr von der Bundesbank durchgeführte Untersuchung, dass der Zugang zu Bargeld für die Bevölkerung insgesamt gewährleistet ist: Unabhängig davon, ob jemand in der Stadt oder auf dem Land wohnt, ist die nächste Geldquelle durchschnittlich etwa zehn Minuten vom Wohnort oder Arbeitsplatz der jeweiligen Person entfernt.
Die Bundesbank beschränkt sich beim Münzgeld auf eine Großhändlerrolle, um privaten Akteuren den größten Teil der Münzgeldbearbeitung zu überlassen. Für Privatpersonen besteht in den Bundesbankfilialen kostenlos die Möglichkeit, Euro-Münzen in Euro-Banknoten (und umgekehrt) umzuwechseln.
8) Was tut die Bundesbank gegebenenfalls, um das sicherzustellen?
Die Bundesbank steht in regelmäßigem Austausch mit den verschiedenen Interessensgruppen, den Bargeldakteuren sowie dem Gesetzgeber. Hierbei werden die Entwicklungen im Bargeldkreislauf und weitere relevante Themen thematisiert sowie mögliche Lösungsansätze erörtert.