Wie es scheint ohne einen entsprechenden Beschluss des Stadtrats hat das Dresdner Steuer- und Stadtkassenamt folgende Neuerung beschlossen, die am 25. Mai von der Stadt vermeldet wurde:
„Ab Montag, 1. Juni 2020, ist das Bezahlen in den Bürgerbüros Klotzsche, Leuben, Pieschen und Plauen nur noch ausschließlich mit einer Karte – also bargeldlos – möglich. In den Bürgerbüros Blasewitz, Cotta, Prohlis und Neustadt ist dies bereits seit November 2019 bzw. März 2020 der Fall. In naher Zukunft ist die bargeldlose Zahlungsweise in allen Bürgerbüros möglich.
Ein Dresdner Bürger wollte wissen, wie sich diese Einschränkungen mit dem Bundesbankgesetz verträgt, das laut Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts hoheitlichen Stellen die Annahme von Bargeld vorschreibt.
Er bekam zur Antwort, dass in den Barkassen im Zentrum noch Bargeld angenommen werde. Begründet wurde die Einschränkung für die entfernter liegenden Bürgerbüros mit dem „hohen Verwaltungsaufwand“, sowie aus der nötigen Abrechnung der Kassenbewegungen, der Sicherung des Bargelds gegenüber Fremdzugriffen, der Prüfung der ordnungsgemäßen Kassenführung sowie die Bestückung der Kassen mit Wechselgeld.
Was jede kleine Bäckerei und jedes Kiosk hinbekommt, ist also für die Landeshauptsaft Sachsens zu kompliziert und zu teuer, um zumutbar zu sein. Da sollten die Dresdner Bürgerinnen und Bürger wirklich Verständnis aufbringen, für ihre überforderte Stadtverwaltung.
Die Stadt beruft sich auch darauf, dass die Banken die Handhabung von Bargeld immer weiter verteuert hätten. Das stimmt, betrifft aber wie gesagt auch jedes Kiosk und jede Bäckerei. Es liegt an solchen Dingen wie der schikanösen EU-Münzverordnung, der unsere Bundesregierung zugestimmt hat. Diese Verordnung verlangt von den Banken, jede Cent-Münze aufwendig auf Fälschung zu prüfen, bevor sie sie wieder in Umlauf bringen. Eine auch nur minimal sinnvolle Rechtfertigung ist mir noch nie begegnet. Münzen werden nicht in relevantem Umfang gefälscht. Das ist bekannt. Die Verordnung ist eine reine Bargeld-Verdrängungsmaßnahme einer EU-Kommission, die sich in den Krieg gegen das Bargeld hat einspannen lassen.
Dann behauptet die Verwaltung noch:
„Es besteht gemäß den aktuell gesetzlichen Regelungen der EU, sowie der Bundesrepublik Deutschland keine Verpflichtung, die zur Bargeldannahme in jedem Bereich, in Form eines Annahmezwangs, verpflichtet. Ebenso wenig müssen an Zahlstellen alle Möglichkeiten zu bestehenden Zahlmethoden vorgehalten und angeboten werden. Einschränkungen, wie wir sie jetzt in den Bürgerbüros vorgenommen haben, sind daher rechtlich zulässig.
Ihrer Meinung nach genügt es, irgendwo in Dresden den Bürgern die Möglichkeit zu geben, ihr Bargeld los zu werden.
„Die Landeshauptstadt Dresden wird auch weiterhin Bargeld als das „…einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel“ entgegennehmen, jedoch nicht mehr in allen öffentlichen Bereichen.
Die Bürgerbüros würden ihren Zahlungsverkehr auch deswegen schrittweise auf bargeldlose Zahlung umstellen, weil „in den überwiegenden Fällen ein bargeldloses Zahlen für alle Beteiligten die sicherste, schnellste, hygienisch optimale und zwischenzeitlich am weitesten verbreitete Zahlmethode ist“.
Man fühlt in Dresden eine große gesellschaftliche Verantwortung auf sich lasten, nicht nur für die heutige, sondern auch für künftige Generationen, denn:
„Unaufhaltsam ist der Trend, dass die Nachfrage nach Barzahlungsmöglichkeiten stetig abnimmt, dem wir, unter gesamtstädtischen und gesellschaftlichen Gesichtspunkten in der Entwicklung, auch für kommende Generationen Rechnung tragen müssen.
Eine Bargeldannahmepflicht in den Bürgerbüros verneint die Dresdner Verwaltung. In ihrer Antwort zitiert sie § 14 Abs 1 Satz 2 des Bundesbankgesetzes:
„Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel.
Daraus schließt sie: „Da steht im Gesetz weder etwas von ‚Pflicht“‚ noch von für den Barzahler zumutbar‘ .“
Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings in meinem Verfahren gegen den Hessischen Rundfunk auf Barzahlung des Rundfunkbeitrags klargestellt:
„§ 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG verpflichtet öffentliche Stellen zur Annahme von Euro-Banknoten bei der Erfüllung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten. Ausnahmen lassen sich nicht ohne weiteres auf Gründe der Verwaltungspraktikabilität oder Kostenersparnis stützen, sondern setzen eine Ermächtigung durch ein Bundesgesetz voraus.
Es ist also nicht nur der Rundfunk, der Bargeld annehmen muss. Nach meiner Lesart handeln auch Finanz- und Bürgerämter, sowie die Polizei unrechtmäßig, wenn sie Barzahlung ablehnen oder mit erheblichen Nachteilen verbinden. Aus entfernten Stadtteilen für städtische Dienstleistungen und Amtshandlungen extra in die Innenstadt fahren zu müssen, nur weil man mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel dafür bezahlen will, ist ein erheblicher Nachteil. Gäbe es hier keine Zumutbarkeitsregel, könnte man irgendwo in Gütersloh eine Barkasse einrichten, und allen Bürgern, die bei einer deutschen Verwaltung etwas zu bezahlen haben und dies mit Bargeld tun möchten, anbieten, dorthin zu reisen um ihr Bargeld los zu werden.
Weiter heißt es in dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts:
„Dass die mit der Annahme von Bargeld verbundenen Kosten gegebenenfalls den Rundfunkbeitrag erhöhen und damit auch die Beitragspflichtigen belasten, die eine Möglichkeit zur Barzahlung nicht in Anspruch nehmen würden, ist nach innerstaatlicher Rechtslage hinzunehmen.
Die Argumentation der Stadtverwaltung, Bargeld sei unpraktisch für die Verwaltung und verteure sie für die Bürger, trägt also laut Bundesverwaltungsgericht nicht.
Die Verwaltung der Landeshauptstadt stellt sich aber auf den Standpunkt, dass noch nichts entschieden ist, weil das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren bis zu einer Stellungnahme des Europäischen Gerichtshofs ausgesetzt hat. Wie das voraussichtlich ausgeht, wird man am 29. September wissen, wenn der EU-Generalanwalt seine Empfehlung abgibt. Außerdem sei man ja – anders als der Rundfunk – bereit, an manchen Stellen noch Bargeld anzunehmen. Deshalb liege der Fall rechtlich anders als beim Rundfunk.
Man muss es schon sehr wichtig und eilig haben mit der Bargeldbeseitigung gegen den Willen der Bürger, wenn man sie in städtischen Einrichtungen derart vorantreibt, bevor in wenigen Monaten höchstrichterlich geklärt ist, ob das überhaupt legal ist.
Ich gönne deshalb der Dresdner Stadtverwaltung und den offenbar selig schlafenden Stadträten von Herzen eine Klagewelle von Bürgern die bar zahlen wollen, wenn die bargeldfreundliche Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts geltendes Recht werden sollte, weil §14 Bundesbankgesetz als europarechtskonform eingestuft wird. Das gleiche gilt für die Verwaltungen und Stadträte anderer Städte wie Berlin und Düsseldorf, die Ähnliches treiben.
Highlights von der mündlichen Verhandlung beim Europäischen Gerichtshof (mit Nachtrag)