Wie die EU-Regulierung Bargeld diskriminiert und verhindert, dass billigere heimische Kartenlösungen Visa und Mastercard angreifen

24. 10. 2025 | Der Chef der Drogeriekette dm, Christoph Werner, hat der EU-Regulierung die Schuld dafür zugewiesen, dass sich günstige und heimische Bezahllösungen gegen die Marktführer aus den USA nicht durchsetzen können. Die Abhängigkeit des EU-Zahlungssystems von US-Anbietern, gegen die der digitale Euro angeblich helfen soll, wird damit durch die EU selbst verfestigt.

Die Europäische Zentralbank und die EU-Kommission begründen ihre Pläne für einen digitalen Euro unter anderem damit, dass sie für mehr Unabhängigkeit von ausländischen Zahlungsabwicklern sorgen soll, was die Souveränität der EU stärken werde.

In einer Kolumne vom 19.10. in der Wirtschaftswoche hat der Chef der Drogeriekette dm jedoch darauf hingewiesen, dass es die EU selbst ist, die durch ihre Regulierung mutwillig verhindert, dass heimische Konkurrenz und Bargeld die Dominanz von Visa und Mastercard angreifen.

Die Gebühren für unbare Zahlungsmittel seien „saftig“, schreibt Werner, vor allem bei Debitkarten und Kreditkarten, die durch VISA, Mastercard und American Express dominiert werden. Gleichzeitig ersetzten Banken zunehmend die relativ günstige nationale Girocard durch teurere Debitkarten dieser Anbieter.

In Reaktion auf die Begrenzung der Kartengebühren hätten die Kreditkartenunternehmen nicht regulierte Kostenbestandteile eingeführt. Diese machten bereits über 40% der Gesamtkosten aus, die dem Händler für Debit- und Kreditkarten in Rechnung gestellt werden – Tendenz weiter steigend. Die Einzelhändler wären praktisch gezwungen, auch die teureren Karten anzunehmen, weil die Banken Bargeldausgabestellen und die günstigeren Girocards immer weiter zurückdrängten.

Der dm-Chef kritisiert in diesem Zusammenhang die „marktwirtschaftlich absurde“ Regulierung durch die zweite Zahlungsrichtlinie der EU (PSD2), die die Preisbildung verfälsche. Die spätestens seit 2020 in den Mitgliedstaaten geltende Vorschrift verbietet es Einzelhändlern, von Kunden ein zusätzliches Entgelt für regulierte Zahlkarten zu verlangen. Das bedeutet, dass Kunden kein preisliches Signal bekommen dürfen, dass sie dem Einzelhändler eine Karte zumuten, die für ihn besonders teuer ist. Er beklagt:

„Als Einzelhändler bleibt uns nichts anderes übrig, als diese Kosten undifferenziert in der Marge zu verkalkulieren. Faktisch werden teure unbare Zahlungsmittel damit nach dem Solidarprinzip von günstigeren quersubventioniert: Wer günstig zahlt, trägt mit seinem Einkauf die Kosten für teure Zahlarten mit.“

Diese Regulierung verhindert laut Werner, dass sich kostengünstige Zahlungsmittel über den Marktmechanismus von Angebot und Nachfrage durchsetzen können. Sie treibe zugleich die Konzentration des bargeldlosen Zahlungsverkehrs in Richtung amerikanischer Anbieter voran. Denn wenn die Kunden hohe Gebühren hinter den Zahlungsmitteln an der Kasse nicht wahrnehmen, gebe es für sie keinen Grund, von VISA, Mastercard oder American Express zu einem alternativen Anbieter zu wechseln, der günstiger abrechnet.

Darin sieht Werner die Erklärung für das Scheitern der günstigeren deutschen Zahlmethode Giropay. Auch die weniger teure neue europäische Alternative WERO wird es deswegen nach seiner Einschätzung schwer haben.

Damit überführt der dm-Chef die EU-Kommission der Heuchelei. Diese will einen digitalen Euro angeblich vor allem auch mit dem Ziel einführen, die Abhängigkeit des europäischen Zahlungsverkehrs von US-Anbietern abzubauen. Wenn sie das wirklich wollte, müsste sie zuerst ihre Zahlungsrichtlinie PSD2 ändern.

PSD2 verfestigt das Quasi-Monopol von Visa und Mastercard noch auf eine andere Weise. Das Verbot, Kosten von Zahlungsmitteln durch Preisaufschläge an Kunden weiterzugeben, ist nämlich einseitig ausgestaltet. Für Barzahlungen dürfen Händler und Dienstleister Aufschläge verlangen, und zunehmend geschieht das auch. Das trägt – neben anderen für Bargeldannehmer kostentreibenden Regulierungen der EU – dazu bei, Bargeld als Konkurrenz für Visa und Mastercard zu verdrängen. Dadurch steigt für diese der Spielraum, die Preise nach oben zu treiben.

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