Wie der Deutsche Wetterdienst mit angeblich viel zu warmen Sommern systematisch desinformiert

31. 08. 2024 | Es ist schon fast zur Norm geworden: Viele Menschen beklagen sich über einen kalten Monat oder einen kühlen Sommer und der Deutsche Wetterdienst (DWD) verkündet am Ende, er sei ungewöhnlich warm gewesen. „Der Sommer 2024 war in Deutschland deutlich zu warm“ verkündete er am Freitag (30.8.) und die Medien plapperten es nach. Dabei stimmt es gar nicht. Die Medien müssten nur ein wenig recherchieren, um die Täuschung zu bemerken.

„Dieser Sommer war viel zu warm“, titelte die FAZ. Viele andere Zeitungen und Online-Medien titelten gleich oder sehr ähnlich. Die Artikel haben in der Regel keinen Autor, sondern stammen von den Nachrichtenagenturen DPA und AFP. Das sind die, die mit Geld und im Auftrag der Regierung sogenannte Desinformation, also Abweichungen von der Regierungslinie, bekämpfen und die Medien entsprechend gleichrichten, auch in Sachen Klima.

Grundlage der vielen Berichte, über die sich viele Leser wundern werden, ist eine lange Meldung des DWD zum Sommerwetter vom 30. August. Darin heißt es an prominenter Stelle:

„Der Sommer 2024 war in Deutschland deutlich zu warm (…). Das Temperaturmittel lag im Sommer 2024 mit 18,5 Grad Celsius (°C) um 2,2 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990 (16,3°C).“

Wundert man sich über die weit zurückliegende „international gültige Referenzperiode“ und recherchiert ein klein wenig, so erfährt man, dass die international gültige Referenzperiode NICHT 1961 bis 1990 ist, sondern 1991 bis 2020. Deshalb war der Sommer auch nicht deutlich zu warm, sondern nur ein bisschen zu warm, nämlich nicht um 2,2 Grad sondern nur um 0,9 Grad. Der DWD gibt diesen zweiten, korrekten Vergleichswert weiter unten noch an, aber auf seine zusammenfassende Bewertung des Sommers und die Titelzeilen der Medien hat das keinen Einfluss.

Sie müssen mir das nicht glauben. Glauben Sie es dem DWD. Der schrieb im Februar 2021 aus Anlass der Umstellung der international gültigen Referenzperiode auf den Zeitraum 1991 bis 2020:

„Da mit einer Klimareferenzperiode nicht mehr alle Anforderungen erfüllt werden können, empfiehlt die WMO (Weltorganisation für Meteorologie; NH) die Nutzung von zwei Bezugszeiträumen:

Für die Bewertung langfristiger Klimaentwicklung wird die WMO-Referenzperiode 1961-1990 beibehalten, da dieser Zeitraum nur zum Teil von der aktuell zu beobachteten beschleunigten Erwärmung betroffen ist.

Für Aufgaben des Klimamonitorings, wie z.B. monatliche und saisonale oder jährliche Anomalienkarten, die nicht auf die Überwachung des längerfristigen Klimawandels ausgerichtet sind, sowie als Basis für Klimavorhersagen, werden die Klimanormalperioden zukünftig alle zehn Jahre aktualisiert.“

Aussagen über Klimaanomalien wie „Der Sommer war um x Grad zu warm“ sollen also anhand der aktualisierten Referenzperiode getroffen werden. Begründung ist unter anderem, dass „die klimatischen Bedingungen eines vergleichsweise aktuellen Zeitraums dem „erlebten“ Klima der Bevölkerung“ entsprechen. Die Referenzperiode soll deshalb sogar, anders als früher, alle zehn Jahre und nicht mehr nur alle 30 Jahre angepasst werden. Ab 2031 soll demnach die Periode 2001 bis 2030 zum Vergleich dienen.

Der DWD hat damals schon mit einer kunstvollen Formulierung vernebelt, dass er nicht vorhatte, sich an die WMO-Empfehlung zu halten. Er schrieb zum künftigen eigenen Vorgehen:

„Der DWD wird daher für Auswertungen im Zusammenhang des längerfristigen Klimawandels weiterhin den Zeitraum 1961-1990 als Klimanormalperiode verwenden. Im Kontext des zeitnahen Klimamonitorings wird daneben die aktuelle Referenzperiode 1991-2020 eingesetzt.“

Man lernt, bei sehr genauem Lesen, dass der DWD weiterhin die Kälteperiode von 1961 bis 1990 auch dann vorrangig zum Vergleich heranziehen wird, wenn es um zeitnahes Klimamonitoring geht (ungewöhnlich warmer Sommer), und den Vergleich mit der von der WMO empfohlenen aktuelleren Referenzperiode nur „daneben“, also in zweiter Reihe, ziehen wird. Genau so sind die Berichte des DWD seither aufgebaut.

Da die Empfehlungen der WMO nicht verbindlich sind, steht es dem DWD frei, so vorzugehen. Aber: Mit der Behauptung 1961 bis 1990 sei die „international gültige Referenzperiode“, rechtfertigt der DWD die erklärungsbedürftig weit zurückliegende Vergleichsperiode als eine angebliche internationale Vorgabe. Doch für das zeitnahe Klimamonitoring ist laut WMO 1991 bis 2020 die „international gültige Referenzperiode“.

Die vom DWD eigenwillig gewählte Vergleichsperiode war eine der ungewöhnlich kalten Sommer. Von den 15 kältesten Sommern seit 1881 entfallen drei auf diesen Zeitraum, nur einer auf den vorangegangenen 30-Jahreszeitraum von 1931 bis 1960 und keiner auf die Zeit von 1991 bis 2020. Mit seiner Methode wird der DWD uns noch viele Jahre von viel zu warmen Sommern künden können, selbst wenn sich der Trend der letzten Jahre fortsetzen und die sommerliche Durchschnittstemperatur weiterhin langsam absinken sollte.

Die Pressestelle des DWD war am Freitagnachmittag nach 17 Uhr verständlicherweise nicht mehr zu erreichen. Ich habe meine Bitte um Stellungnahme fernmündlich hinterlassen und per E-Mail konkretisiert. Sollte eine Stellungnahme noch eingehen, werde ich diese hier ergänzen und in der Rubrik „Kurz gemeldet“ darauf hinweisen. Der DWD ist eine Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, Volker Wissing (FDP).

Fazit

Nach meinem bisherigen Kenntnisstand noch ohne Stellungnahme vom DWD, gehe ich davon aus, dass der DWD die Bürger bewusst mit der Behauptung täuscht, die Kaltperiode von 1961 bis 1990 sei die international gültige Referenzperiode für die Feststellung saisonaler Klimaanomalien (zu warmer Sommer). Die eigenwillige Vorgehensweise der Behörde scheint dazu zu dienen, auch in Zeiten nicht weiter steigender Temperaturen angstmachende Erhitzungsschlagzeilen produzieren zu können. Man bedenke: Wer 40 Jahre oder jünger ist, hat von der vom DWD genutzten Vergleichsperiode nichts (bewusst) erlebt, wer 50 Jahre alt ist nur sehr wenig. Das „erlebte Klima“ der allermeisten Empfänger der Mitteilung bestimmt sich fast ausschließlich nach dem Wetter der letzten Jahrzehnte. Wenn man den Menschen beständig einredet, dass ihre Wahrnehmung nicht der Wirklichkeit entspricht, bewirkt man, dass die Menschen das Vertrauen in die eigene Wahrnehmung verlieren und leichter manipulierbar werden.

In der Psychologe nennt man das mangels eines passenden deutschen Begriffs „Gaslighting“. Das ist eine Methode der psychischen Manipulation, bei der die Opfer gezielt desorientiert, verunsichert und in ihrem Realitätssinn und Selbstbewusstsein beeinträchtigt werden. Der Ausdruck geht zurück auf das Stück „Gaslight“ des Briten Patrick Hamilton von 1938. Darin versucht ein Ehemann seine Frau in den Wahnsinn zu treiben, indem er vorgibt, Dinge, die sie wahrnimmt, nicht zu sehen, darunter das Flackern einer von ihm manipulierten Gaslaterne. Eine Aufführung in deutscher Sprache ist auf Youtube abrufbar.

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