Re: Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (CETA)

Von Fritz Glunk: Sehr geehrter Herr Schmidt, danke für Ihre engagierte Reaktion auf meinen kleinen CETA-Artikel bei Norbert Häring. Nein, wir befinden uns noch nicht in einer verdeckten Diktatur. Aber:Unverkennbar — und von vielen, auch prominenten Verfassungsrechtlern beschrieben und beklagt — ist die Entparlamentarisierung

(fachlich: „Entformalisierung“) politischer Entscheidungen und deren Verlagerung sei es in Expertengremien (Regulierungs-. Koordinierungsräte, Konsensrunden), sei es in internationale Verträge (ESM), sei es in supranationale Einheiten (EU). Ebenso unverkennbar ist, im letzteren Fall, die starke Tendenz, sich auf mehreren Wegen zusätzliche, durch die Verträge und die sog. „beschränkte Einzelermächtigung“ nicht ausdrücklich genannte Zuständigkeiten anzueignen und diese in Richtung eines EU-Gewohnheitsrechts zu verfestigen, sei es durch sog. Legalausnahmen (die sich dann gern, aber nicht nur, auf Art. 352 AEUV „Vertragsabrundungskompetenz“] stützen), sei es durch erweiternde, EU-freundliche Auslegung der die Zuständigkeiten festlegenden Artikel der Unionsverträge EUV und AEUV. Dass damit ein ohnehin im Gang befindlicher weitergehender Verlust an staatlicher Souveränität Hand in Hand geht, ist nicht zu bestreiten (und wird auch nicht bestritten). Dieser mit konkreten Beispielen belegbare Trend hat bisher nicht zu einem spürbaren Protest geführt (außer bei grundsätzlich europafeindlichen Gruppen wie z.B. der AfD, von der ich mich in fast allen anderen Punkten distanziere). Er wird also weitergehen, wenn nicht das Bundesverfassungsgericht einen Riegel vorschiebt, wie es das in der Vergangenheit einige Male ansatzweise getan hat.Was den vorläufigen Rechtsschutz oder eine Verfassungsbeschwerde betrifft, so rate ich dringlich, einen EuGH- bzw. BVerfG-erfahrenen Juristen beizuziehen. Mir sind mehrere Verfassungsbeschwerden bekannt. die so naiv formuliert sind, dass weniger als zwei Minuten für die jeweilige Nichtzulassung nötig sein werden. Das tut der Sache ja nun auch keinen Gefallen.
Mit meinen Besten Grüßen: Fritz Glunk

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