BlackRock & Co. enteignen!
Auf den Spuren einer unbekannten Weltmacht
Privat organisierte Digitalisierung
Werner Rügemer | BlackRock & Co. sind die bestimmenden Aktionäre der großen Digitalkonzerne Google, Amazon, Apple, Microsoft, Facebook und vieler weiterer Unternehmen, sobald sie ihren Erfolg stabilisieren und dauerhaft hohe Gewinne machen. Das gilt auch für solche Konzerne wie die der Automobil- und Logistikbranchen, die mit Künstlicher Intelligenz (KI) selbstfahrende Pkws, Lkws und Lieferdrohnen entwickeln, auch etwa Tesla. Selbstverständlich gilt dies auch für die Rüstungskonzerne.
Das Management der Corona-Pandemie durch die westlichen Regierungen hat die Expansion der Digitalkonzerne weiter sprunghaft vorangetrieben, nicht zuletzt durch Staatsaufträge für das Gesundheitswesen, die öffentliche Verwaltung, für Schulen und Universitäten und die staatliche Kommunikation. Davon profitieren BlackRock & Co. an erster Stelle: Mit der Corona-Politik stiegen die Gewinne von BlackRock selbst wie auch der Umfang des angelegten Kapitals: Der Gewinn stieg im ersten Quartal 2021 um 28 Prozent, das angelegte Kapital beträgt jetzt 9,5 Billionen US-Dollar. Und damit stiegen auch die Gewinne für die anonymen reichen Kunden.
ALADDIN: Roboterisierte Spekulation und Energieverbrauch
Die Digitalisierung mithilfe der Künstlichen Intelligenz greift längst auch im Finanzwesen. BlackRock & Co. warten nicht gespannt wie traditionelle Aktionäre auf die am Jahresende beschlossene und ausgezahlte Dividende. Die wird auch mitgenommen, aber das viel einträglichere Geschäft ist die das ganze Jahr über laufende Spekulation mit den Aktien. Jede Bewegung des Aktienwerts – egal oder rauf oder runter – wird zur Spekulation genutzt.
Der Vorteil, dass BlackRock der größte Insider der westlichen Wirtschaft ist, wird gesteigert durch die Tochterfirma ALADDIN: Die Abkürzung steht für Asset Liability and Debt Derivative Investment Network. Dies ist die größte Erfassungs- und Verwertungsanlage für Finanz-, Unternehmens-, Konjunktur- und Politikdaten. Im Nano-Sekundenbereich werden die Werte aller Aktien und sonstigen Wertpapiere an allen Börsen der Welt zwischen Tokio, Singapur, Tel Aviv, Frankfurt, Paris, Buenos Aires, Ottawa und New York gleichzeitig erfasst, miteinander abgeglichen und weitgehend roboterisiert ausgewertet, gekauft, verkauft. Durch zusätzliche Käufe und Verkäufe, verstärkt durch Leihaktien, können Auf- und Abwärtsbewegungen der Wertpapiere beschleunigt und zur Spekulation – schneller und gewinnbringender als bei Konkurrenten und Kleinspekulanten – genutzt werden. Wenn etwa eine Aktie aufgrund von Skandalen wie bei Wirecard oder bei einer sich über Jahre hinziehenden Fusion wie bei Bayer/Monsanto ständig auf- und absteigt – dann ist dies das ideale, gewinnträchtige Geschäftsfeld für BlackRock.
Wenn dabei nationale Meldegesetze verletzt werden – in Deutschland etwa das Wertpapierhandelsgesetz –, dann sind die Finanzaufsichten wie die Bafin technologisch und personell nicht in der Lage, die dafür nötige Kontrolle auszuüben. Außerdem ist BlackRock noch Aktionär von kleineren Finanzdienstleistern, die mithilfe von ALADDIN roboterisierten Wertpapierhandel anbieten. In Deutschland ist dies nach Wirecard etwa Scalable Capital mit Sitz in München.
Über 150 Vermögensverwalter kaufen Dienstleistungen bei ALADDIN, erstens natürlich die Mitglieder im Spitzenclub von Vanguard & Co., dann aber auch andere Finanzakteure wie Banken, Hedgefonds, Unternehmen, Versicherungen, Unternehmensstiftungen, Pensionskassen – und nicht zuletzt die großen Zentralbanken wie die Fed, die Bank of England und die EZB.
Die meisten der etwa 6000 Super-Computer, die die roboterisierten Rechnerleistungen von ALADDIN erbringen, liegen in einem riesigen Feld inmitten einer Region, die berühmt ist wegen ihrer Apfel-Plantagen. Das Feld liegt 4400 Kilometer nördlich des New Yorker Sitzes von BlackRock: Die Verlegung dieser Leitungen und der Betrieb in der weithin menschenleeren Gegend im Nordwesten der USA nahe der kanadischen Grenze beim Kleinstädtchen Wenatchee (30.000 Einwohner) lohnt sich: Denn hier am Columbia River ist der Strom, den der Superrechner zu seiner Kühlung braucht, um ein paar Cent pro Kilowatt billiger als in New York.
Der Energieverbrauch der Digital-Konzerne mit den dicken Kabeln zwischen den Kontinenten und für die neuen Speicher (Clouds), die z.B. von Amazon (Amazon Web Services/AWS) und Microsoft auf- und ausgebaut werden, nicht zuletzt auch für das Militär und die Geheimdienste – dieser Energieverbrauch ist bisher nicht in das Visier des angeblich so ehrgeizigen EU-Umweltprogramms geraten. Und auch BlackRock-Chef Fink ist in seinen vielen Nachhaltigkeitserklärungen noch nicht auf ALADDIN zurückgekommen.
Werner Rügemer: „BlackRock & Co. enteignen! – Auf den Spuren einer unbekannten Weltmacht.“ Nomen. 31. August 2021. Softcover 12,- Euro, eBook 9,99 Euro. Vom Verlag ab heute portofrei beziehbar, im Buchhandel evtl. einige Tage später.
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