Der Verein für Socialpolitik will Reformbedarf in der Lehre nicht weiter diskutieren und sich irgendwann später um seinen Ethikkodex kümmern

Im Vorfeld der Jahrestagung des Ökonomenverbands VfS hatte ich berichtet, dass dessen Ethikkodex nicht einmal von der Hauszeitschrift PWP ernst genommen wird. Außerdem hatte ich aufgespießt, dass der Verein Forderungen nach Reform der Lehre jahreslang ignorierte, bis nun angelsächsische Wissenschaftler ein von George Soros finanziertes, neues Lehrkonzept präsentierten. Plötzlich wurde Lehrreform das große Thema. Die Reaktionen der Vereinsführung sind nicht ermutigend.

Was das Ethik-Thema angeht, hatte der designierte Vereinsvorsitzende Achim Wambach im Handelsblatt-Interview zwar angedeutet, der Verein für Socialpolitik könnte seinen Ethikkodex präzisieren. Auf Nachfrage sagte auf der Tagung die Vereinsvorsitzenden Monika Schnitzer: „Wir werden das diskutieren und zu gegebener Zeit ändern, wenn wir es für richtig halten.“ Das war NACH den Vorstandssitzungen, sodass man schließen muss, es wurde in diesem Jahr noch nicht einmal darüber diskutiert.

Noch weniger ermutigend war die Antwort auf die Frage, wie der Verein die nun mit gehöriger Verspätung aufgenommene Diskussion über einen Reformbedarf in der Lehre weiterführen wolle. Die Antwort von Wambach lautete, dass man im Rahmen der Workshops zu Servicethemen wie Bewerbungen oder Drittmitteleinwerbung daran denke, bei künftigen Tagungen auch Tipps für die Lehre aufzunehmen. Mit anderen Worten: die Diskussion darum, ob es einen Reformbedarf gibt, und in welche Richtung dieser geht, war eine Eintagsfliege, allein ausgelöst von dem – aus diesem Anlass großzügig beworbenen – neuen Lehrkonzept von Sam Bowles und Wendy Carlin.

Ich finde, das ist ein fast noch größeres Armutszeugnis für den tonangebenden Ökonomenverband des deutschsprachigen Raums als sein scheinbares Desinteresse an der Umsetzung des eigenen Ethikkodex.

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