16. 05. 2024 | Die Interessenvertreter der Alten, Behinderten, Verbraucher und Arbeitnehmer sind aufgewacht und fordern von der Bahn in einer gemeinsamen öffentlichen Erklärung „Bahnfahren ohne Digitalzwang“. Die Bestrebungen der Bahn, Kunden auf die eigene Smartphone-App zu zwingen, waren vor allem auf diesem Blog vielfach skandalisiert worden.
Den Lesern dieses Blogs, die massenhaft Politikern, Bahn und Verbandsvertretern geschrieben haben, dürfte mit zu verdanken sein, dass 28 Verbände gemeinsam ihre Forderung an die Bahn richteten. Dazu gehören die Arbeiterwohlfahrt, viele Interessenverbände von Senioren und Behinderten, der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband, Gewerkschaften, auch der Bahn, der VCD Verkehrsclub Deutschland, die Verbraucherzentrale Bundesverband und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland.
In dem offenen Brief an Bahnvorstand Richard Lutz heißt es:
„Mobilität bedeutet gesellschaftliche Teilhabe. Öffentliche Mobilität muss daher niedrigschwellig angeboten werden und von allen gut nutzbar sein – auch von Menschen, die keinen Internetzugang haben oder aus anderen Gründen digitale Angebote nicht nutzen können oder wollen.
Die Deutsche Bahn hat angekündigt, dass ab dem 9. Juni 2024 die BahnCard ausschließlich digital ausgegeben wird. Bereits seit Oktober 2023 werden Sparpreis-Tickets nicht mehr als klassische Papierfahrkarten ohne E-MailAdresse oder Mobilnummer verkauft.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sind in Deutschland gut fünf Prozent der Menschen im Alter zwischen 16 und 74 Jahren offline. Mit dem Alter steigt die Zahl derjenigen, die weder das Internet nutzen noch ein Smartphone besitzen: Bei den über 80-Jährigen ist nur etwa jeder Dritte online. Günstig Bahnfahren muss jedoch auch für diese Menschen möglich bleiben. Mit diesem offenen Brief fordern die unterzeichnenden Organisationen Sie deshalb auf:
― Gewährleisten Sie einen analogen Zugang zu BahnCard und Sparpreisen, der ohne Mehrkosten und barrierefrei von allen, auch von sogenannten Offlinern, genutzt werden kann. Ein Papierausdruck, der eine Mobilnummer, einen Online-Account und/oder eine E-Mail-Adresse voraussetzt und damit an einen Internetzugang gebunden ist, erfüllt diese Anforderung nicht.
― Bieten Sie alle Dienstleistungen und Angebote der Deutschen Bahn auch an barrierefreien Service-Schaltern an und dies nicht nur in den Bahnhöfen der Großstädte. Nur so sind sie weiterhin niedrigschwellig von allen zu nutzen, auch von Offlinern.
― Informieren Sie Bahnkundinnen und -kunden frühzeitig, vollständig und verständlich über Änderungen bei Dienstleistungen und Angeboten. Bis heute herrscht unter Verbraucherinnen und Verbrauchern Unsicherheit über die Digitalisierung von BahnCard und Sparpreisen sowie über mögliche analoge Alternativen.
― Beziehen Sie Bahnkundinnen und -kunden über Betroffenen- und Verkehrsverbände im Vorfeld ein und erfragen Sie ihre Wünsche und Bedarfe. Im Fall der Umstellung von BahnCard und Tickets zu Sparpreisen ist dies nicht gelungen.
Die unterzeichnenden Organisationen wenden sich ausdrücklich nicht gegen digitale Angebote der Deutschen Bahn. Wir sind jedoch überzeugt, dass die Bahn im Sinne eines „Design für alle“ unterschiedliche Zugänge zu ihren Dienstleistungen anbieten muss, um den unterschiedlichen Bedürfnissen ihrer vielfältigen Kundschaft Rechnung zu tragen. Es darf nicht sein, dass Menschen, nur weil sie kein Internet nutzen, benachteiligt und von Mobilitätsangeboten ausgeschlossen werden.“
Der Brief ging auch an den Bundesminister für Digitales und Verkehr, Dr. Volker Wissing, und die (bisher überaus schweigsamen) verkehrspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, CDU/CSU sowie der Gruppe Die Linke.
Im FDP-geführten Ministerium für Digitalisierung(szwang) und Verkehr sitzen die Hauptverantwortlichen für die Machenschaften des von dort beaufsichtigten Staatskonzerns. Dort wurden die entsprechenden Pläne genehmigt.
Die Problematik des Deutschlandtickets, das von vielen Anbietern, einschließlich der Bahn, auf Betreiben des Digitalisierungsministers nur noch in einer Version für das Smartphone angeboten wird, ist bei den Verbänden offenbar noch nicht angekommen. Darauf hatten wir erst vor kurzem in einem längeren Beitrag hingewiesen.
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Ich bin aber zuversichtlich, dass auch das in den Gesprächen von Bahn, Verkehrsministerium und Verbänden, die nun folgen müssten, eine prominente Rolle spielen wird.
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