Book of Finance: Buchbesprechungen gegen verschleiertes Honorar und die Medien machen eifrig mit

Nachtrag 15. 05. | 24. 04. 2023 | Celine Nadolny ist nach eigener und nach Mediendarstellung die meist-preisgekrönte Finanzbloggerin und einflussreichste Sachbuchkritikerin Deutschlands und dabei stets „unabhängig und ehrlich“. Sie bot mir an, gegen ein Honorar auch mein Buch „Endspiel des Kapitalismus“ zu rezensieren und zu bewerben. Ich habe nachgefragt und nachgeschaut, wie dieser Deal zu verstehen ist, und habe nicht schlecht gestaunt.

Zugegebenermaßen kannte ich Celine Nadolny und ihren Netzblog Book of Finance noch nicht, als mir ihr Angebot einer Buchrezension in das Email-Postfach flatterte. Aber sie scheint tatsächlich eine große Reichweite zu haben. Ihr Instagram-Kanal hat 66.000 Abonnenten, ihr Linkedin-Account 25.000 Follower und in den Medien ist sie ziemlich präsent.

Nadolny hat einige Preise gewonnen, nicht nur Vize-Miss-Germany. Letztes Jahr gewann ihr Blog Book of Finance wieder einmal den Publikumspreis im Finanzblog-Award der Commerzbank. Sie erhielt von der Stiftung Finanzbildung 2021 den Medienpreis. Drei weitere Publikumspreise für gutes Marketing und Ähnliches, die sie 2021 erhielt, heißen Tiger-Award, Black-Bull-Award und Red-Fox-Award. Wenn man ins Impressum der Preisverleiher schaut, stößt man bei den drei letztgenannten Awards jeweils auf die Marketing-Spezialisten Thomas Klußmann und Christoph J.M. Schreiber.

Ich habe nachgeschaut, ob diese Zuneigung auf Gegenseitigkeit beruht und wurde fündig, mit einer Besprechung von Thomas Klußmann in Book of Finance. Das Marketing-Praxishandbuch von Klußmann sei „absolute Pflichtlektüre für alle, die sich im Internet oder via Social Media geschäftlich engagieren“, die Netzseite „Gründer.de“ des Autors stelle „eine wahre Institution und erste Anlaufstelle für Existenzgründer im Netz dar“, lobte Nadolny Klußmann und sein Buch 2020 überschwänglich.

Vernebelnder Offenlegungstext

Ende März schickte mir Frau Nadolny per Mail eine „Kooperationsanfrage“. Sie habe kürzlich mein Buch „Endspiel des Kapitalismus“ entdeckt und würde mir gerne bei der Vermarktung des Buches weiterhelfen, auf ihren eigenen Kanälen und in verschiedenen Magazinen und Blogs.

Mir erschien das anrüchig, aber ich war neugierig und fragte nach dem Preis, und ob ihre Leser denn erfahren würden, dass ich für die Rezension bezahlt habe. Nadolny antwortete, alle Beiträge müssten aus rechtlichen Gründen als Werbung gekennzeichnet sein, unabhängig davon, ob die Rezension bezahlt ist oder nicht.

Daraufhin schaute ich nochmal auf ihre Seite und tatsächlich gibt es in ihren Buchrezensionen jeweils hinter dem Vorspann den blassroten, verlinkten Hinweis „Anzeige“ .Klickt man darauf, öffnet sich ein längerer Erklärtext, der allerdings in meiner Wahrnehmung mehr verschleiert als offenlegt. Dass sie für besonders gekennzeichnete Links Prozente erhält, stellt sie immerhin am Anfang ausdrücklich klar. Danach aber kommen nur noch allgemeine Hinweise, unter welchen Bedingungen man Beiträge als Werbung kennzeichnen muss, ohne konkret zu sagen, was davon für ihre Seite allgemein und die jeweilige Rezension im Besonderen zutrifft. Das liest sich dann so:

„Mit dem Begriff Anzeige oder auch Werbung müssen darüber hinaus nicht nur alle Beiträge gekennzeichnet werden, für deren Erstellung und Veröffentlichung eine finanzielle Gegenleistung geflossen ist, sondern auch solche, bei denen mir die darin erwähnten Produkte und Dienstleistungen kostenlos zur Verfügung gestellt wurden. Selbst, wenn mir z. B. ein Buch kostenlos von einem Autor oder Verlag zugeschickt wurde und es sich dabei nicht explizit um ein Rezensionsexemplar (ein kostenloses Buch mit der Verpflichtung zur Veröffentlichung einer Rezension) handelt, muss ich diesen Beitrag als Anzeige oder Werbung kennzeichnen. (…)“

Man beachte die sprachliche Konstruktion bei „Geld geflossen ist“, die den Adressaten im Allgemeinen lässt, und erst danach den Übergang zum konkreten „mir“, wo es nur noch um ein kostenloses Rezensionsexemplar geht.

So geht das noch einige Sätze weiter, mit Gerichtsurteil dazu, dass man auch wegen minimaler Vorteile „Anzeige“ darüberschreiben müsse, und dann der der erst ablenkende und dann in die Irre führende Hinweis:

„Ich garantiere keinem Autor und keinem Verlag bei kostenloser Überlassung eines Buches eine Rezension. Niemand kann bei mir ein besonders positives Feedback erwerben und keine meiner Aussagen kann mithilfe von finanziellen Gegenleistungen in ihrer Wertung beeinflusst werden. Ich distanziere mich hiermit ausdrücklich von solchen Geschäftsgebaren, die im allumfassenden Bereich der Produkt- und Dienstleistungsrezensionen leider keine Seltenheit sind.“

Äußerst geschickt komponiert und formuliert, das muss man ihr lassen. Für mich klingt das wie, ‚Ich bekomme die Rezensionsexemplare umsonst, aber mit Geld braucht man mir nicht zu kommen.‘ Nirgends steht ausdrücklich der Hinweis, dass Frau Nadolny für das Rezensieren und zusätzlich für das Bewerben der Bücher Geld nimmt. Vielmehr wird durch geschickte Formulierungen – ohne zu lügen – gezielt der Eindruck erweckt, dass dem nicht so ist.

Teure Rezension mit noch teureren Extras

Nachdem ich ausdrücklich versichert hatte, dass mir bewusst sei, dass ich keine gute Besprechung kaufen könne, sondern nur eine Besprechung, die auch negativ ausfallen könnte, bekam ich die Preisliste. Da mir Frau Nadolny zwischenzeitlich unter gebührender Erwähnung ihres Medienanwalts verboten hat, ihre Preise aus dieser Mail öffentlich zu nennen, will ich mich darauf beschränken, mitzuteilen, wie viel die Fuchsbriefe-Chefredakteure Ralf Vielhaber und Stefan Ziermann ihr jüngst für die Basisdienstleistung einer Buchbesprechung bezahlt haben. Es waren 650 Euro plus 19% Mehrwertsteuer.

Wer wie ich viele Rezensionen geschrieben hat, ohne sich dafür bezahlen zu lassen, wird 650 Euro recht teuer finden, andere vielleicht gerade so auskömmlich. Die Mittzwanzigerin Nadolny will laut ihren Interview-Aussagen spätestens mit 35 Millionärin sein. Da gibt es nichts zu verschenken. So oder so sind 650 Euro ein Betrag, bei dem man erwarten sollte, dass das Publikum ausdrücklich auf den Umstand hingewiesen wird, dass die Rezension (gut) bezahlt ist und nicht mit vagen Hinweisen bedacht, aus denen es ableiten kann, dass alle, keine oder manche der Rezensionen bezahlt sein könnten.

Aber richtig teuer werden dann erst die werblichen Extras. Da lässt sich Frau Nadolny jeden Handgriff vergolden. Sei es das Einstellen der Rezension bei Amazon, ein Auspacken-Beitrag (Unboxing) eine Buchverlosung, eine Erinnerung an die Rezension, alles kostet Geld und nicht zu knapp. Man kann leicht auf ein Mehrfaches des Preises der Rezension kommen.

Hier tut sich ein potentieller Interessenkonflikt auf, von dem das Publikum nichts mitbekommt.

Stellungnahme zu der Kritik? Nein, Ja, Nein

Ich habe selbstverständlich Frau Nadolny Gelegenheit gegeben, diese und die anderen hier geäußerten Kritikpunkte zu entkräften oder auf andere Weise Stellung dazu zu nehmen. Sie antwortete mir ausgesprochen ausführlich, aber ausdrücklich nicht als Stellungnahme.

Als klar war, dass ich mich nicht von einem Bericht abbringen lassen würde, und ich sie noch einmal fragte, ob sie die Informationen und Einschätzungen freigeben möchte, die sie mir gegeben hatte, gab sie den gesamten E-Mail-Verkehr frei.

Als ich sie im weiteren Verlauf allerdings unklugerweise darauf hinwies, dass eine der von ihr gegebenen Informationen einer Nachprüfung nicht Stand gehalten habe, nahm sie diese Genehmigung wieder zurück, indem sie mich daran „erinnerte“, dass ich aus dem E-Mail-Verkehr nicht zitieren dürfe, garniert mit dem erwähnten Hinweis auf ihren Medienanwalt.

Deshalb kann ich hier nicht mitteilen, welche von Frau Nadolnys Rezensionen nach eigener Aussage bezahlt waren und welche nicht, wer ihren Anzeige-Hinweis gutgeheißen hat, warum es in Ordnung ist, dass das Publikum nicht über bestimmte potentielle Interessenkonflikte informiert wird, und einiges mehr. Wenn mich die vorgetragenen Argumente überzeugt hätten, hätte ich die hier geäußerte Kritik nicht veröffentlicht.

Schlechte Rezensionen für Wenig- und Nichtzahler?

An dieser Stelle ist eine Übersicht über das Geschäftsmodell von Book of Finance nötig, wie es sich mir darstellt.

Es gibt grob vier Arten von Rezensionen:

  1. Rezensionen, die auf Eigeninitiative von Frau Nadolny zurückgehen und nicht bezahlt sind, außer vielleicht durch ein Rezensionsexemplar, ein paar Freiexemplare für eine Verlosung oder ähnliche Kleinigkeiten.
  2. Rezensionen, die vom Autor oder Verlag bezahlt wurden, ohne dass zusätzliche Werbemaßnahmen dazugebucht wurden. Der Zahler darf in diesem Fall in Kenntnis der Anzahl der erteilten Sterne entscheiden, ob er eine Veröffentlichung der Rezension wünscht, oder – ohne Rückerstattung des Preises – auf die Rezension verzichtet. Das gilt auch für Variante 3.
  3. Rezensionen, die vom Autor oder Verlag bezahlt wurden mit einem zusätzlichen Werbepaket.
  4. Rezensionen, die von Dritten bezahlt wurden, z.B. Netzseiten oder Publikationen mit Anlegerinformationen.

Der möglichen Interessenkonflikte, die man sich hier vorstellen kann, sind viele, was nicht heißt, dass sich Frau Nadolny tatsächlich von einem dieser Interessenkonflikte beeinflussen lässt. Eine Auswahl:

  • Dadurch, dass Zahler entscheiden dürfen, ob eine schlechte Rezension veröffentlicht wird, bezahlen sie indirekt auch dafür, das Risiko einer öffentlichen schlechten Bewertung auszuschließen. Wer nicht zahlt, (Varianten 1 oder 4) kann eine Veröffentlichung nicht vermeiden. Das kann indirekten Druck auf potentielle „Kooperationspartner“ erzeugen, das Angebot einer bezahlten Rezension anzunehmen.
  • Wenn Interesse an teuren werblichen Zusatzleistungen signalisiert wurde, gibt es ein ökonomisches Interesse, die Bewertung gut ausfallen zu lassen.
  • Wenn nur die Rezension und keine Zusatzleistungen gebucht und bezahlt wurde, könnte ein zeitökonomisches Interesse für eine schlechte Bewertung sprechen, weil die Rezensentin dann wahrscheinlich die schon bezahlte Rezension nicht schreiben muss.
  • Wer die beiden vorgenannten Interessenkonflikte der Rezensentin so sieht, könnte sich dadurch veranlasst sehen, ein Werbepaket dazuzubuchen, bzw. glaubwürdiges Interesse daran zu signalisieren.
  • Bei von Dritten bezahlten Rezensionen kann der Interessenkonflikt in jegliche Richtung gehen. Viele Zahler werden lieber eine gute Bewertung sehen als eine schlechte, aber es kann auch sein, dass sie in einem Konkurrenzverhältnis zum Autor stehen und daher lieber eine schlechte Bewertung sehen möchten.
  • Möglicherweise besteht bei der Rezensentin ein Bedarf an schlechten Rezensionen zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit. Das kommerzielle Interesse würde dafür sprechen, eher nicht bezahlte Rezensionen schlecht ausfallen zu lassen.

Ich betone: dies sind theoretisch abgeleitete Interessenkonflikte. Das heißt nicht, dass Frau Nadolny ihre Bewertungen von diesen beeinflussen lässt. Sie werden nur als Argument angeführt, warum es nötig wäre, dass das Publikum erfährt, ob und wer für eine bestimmte Rezension bezahlt hat, und ob Frau Nadolny auch noch für zusätzliche Werbeleistungen für dieses Buch bezahlt wird. Denn nur dann kann das Publikum sich ein informiertes Urteil bilden, wie ernst es die Rezension nehmen will.

Bei Autoren hat Frau Nadolny übrigens durchaus ein Gespür für mögliche Interessenkonflikte und benennt diese auch. So schreibt sie in ihrer Zweisternebewertung von Nouriel Roubinis jüngstem Buch „Mega-Threats“ im ETF-Extra-Magazin April/Mai 2023:

„An dieser Stelle kann man bereits den Interessenkonflikt spüren. Denn medial werden vor allem negative und schwarzmalerische Meldungen gerne aufgegriffen. (…) So verkauft man heute Bücher, wird in Talkshows eingeladen und führt ein erfolgreiches Analysten-Unternehmen.“

Kopf der Rezensions-Gastkolumne von Celine Nadolny in ETF-Extra-Magazin 3.2023

Die tatsächlichen Bewertungen

Eine Zählung (am 19.4.) der nach Anzahl der Sterne sortierten Buchtipps auf Book of Finance ergab 107 Bewertungen mit 5 Sternen, 123 Bewertungen mit 4 Sternen, 67 mit 3 Sternen, 35 mit 2 Sternen, 13 mit einem Stern und 6 mit Null Sternen. Das Übergewicht der guten und sehr guten Bewertungen ist erdrückend, die Sprache oft euphorisch, selbst bei den 4-Sterne-Büchern.

Dass es so wenige schlechte Bewertungen gibt, dürfte mit daran liegen, dass Zahler auf eine Veröffentlichung verzichten können.

Ich habe mir die wenigen Besprechungen mit keinem bis zwei Sternen näher angeschaut und bei fünf Urhebern, die ich ohne zu großen Aufwand per Mail erreichen konnte, nachgefragt, ob sie die Rezension in Auftrag gegeben und dafür bezahlt haben. Vier haben geantwortet dass sie nicht dafür bezahlt haben, zum Teil auch gar nichts von der Rezension wussten. Dirk Müller etwa, dessen Buch „Showdown“ mit 2 Sternen bewertet wurde, weil Frau Nadolny es aus mir unerfindlichen Gründen „zäh geschrieben“ findet und sich an „wertender Sprache“ stört, antwortete mir: „Ich hätte nie für sowas bezahlt. Das hielte ich für unlauter.“

Besonders interessant ist der fünfte Fall, das Buch „Anlagechancen“ von den Fuchsbriefe-Chefredakteuren Ralf Vielhaber und Stefan Ziermann. Ziermann berichtet mir, dass sie nur die Rezension für 650 Euro gebucht und bezahlt hätten. Auf Nachfrage zum Stand der Sache erhielten sie nach einigen Wochen den freundlichen Hinweis von Frau Nadolny, dass sie nur 2 Sterne vergeben werde, vor allem wegen des Covers, des Papiers und der Tatsache, dass in „Anlagechancen“ Anlageempfehlungen gegeben würden, was nicht so gut sei wie passives Investieren. Deshalb empfehle sie, auf die Rezension zu verzichten. Sie empfehle eine Veröffentlichung einer Rezension eigentlich erst ab mindestens 3 Sternen. Das Geld für die Rezension werde sie aber nicht zurückerstatten. Der Mailwechsel liegt mir vor.

Ziermann antwortete ihr, man sehe das sportlich und hätte gern eine Rezension. Nach einer Weile bat Ziermann nochmals um die Veröffentlichung der Rezension und Frau Nadolny riet nochmals – erfolglos – davon ab. Schließlich wurde zehn Tage später eine Rezension veröffentlicht. Sie macht auf mich nicht den Eindruck, dass die Rezensentin allzu viel von dem Buch gelesen hat.

Von Selbstbewusstsein zeugt, dass die Studentin die Autoren des Sammelbandes „vermeintliche Experten“ nennt. Darunter ist zum Beispiel Thomas Mayer, Ökonomieprofessor, langjähriger Chefvolkswirt der Deutschen Bank, langjähriger IWF-Analyst und Gründungsdirektor eines privaten Forschungsinstituts.

Hofiert von den Medien

Man findet jede Menge Interviews und Portraits von Celine Nadolny in kleineren, auf Finanzanlagen spezialisierten Online-Magazinen, aber beileibe nicht nur dort.

Vom Magazin Forbes bekam Nadolny im November 2022 als einer der „30 spannendsten Menschen unter 30“ folgendes Kurzportrait:

„Celine Nadolny ist Gründerin und Geschäftsführerin von Book of Finance, dem meist ausgezeichneten Finanzblog der DACH-Region, und der YOLIY GmbH. Mit Book of Finance schreibt sie ausführliche Sachbuchrezensionen und wurde dafür von SPIEGEL Online und der Bild-Zeitung als einflussreichste Sachbuchkritikerin Deutschlands betitelt. Heute ist sie mit acht Preisen unter anderem die meist ausgezeichnete Sachbuchkritikerin Deutschlands und gibt in ihrem Blog Tipps rund um die Themen Finanzen, Steuern, Karriere, Unternehmertum und Persönlichkeitsentwicklung.“

Zitiert wird sie mit:

„Book of Finance wird meine Vision von einer ehrlichen und wissenschaftlich fundierten Finanzbranche mit gelebtem female Empowerment, finanzieller Bildung für alle und einer Leidenschaft für aufrichtiges Geben noch einmal auf ein neues Niveau heben.“

Auch in einem großen und euphorischen Portrait von ihr auf RTL.de schwärmt sie davon, wie sie die Welt ein Stückchen besser machen will.

Anfang Januar durfte sie auf ntv.de ihre Finanzbücher des Jahres 2022 vorstellen. Wenn man darauf achtete, konnte man rechts oben das Wort Anzeige sehen. Was das für das dahinterstehende Geschäftsmodell bedeutet, wer also wem was wofür bezahlte, ist unklar.

Bei der Bild gab es vor der Miss-Germany-Wahl im letzten Jahr ein kleines, aber begeistertes Portrait der Dame. Darin hieß es unter anderem, dass sie mit 35 Millionärin sein möchte und:

„Vor der jungen Frau im rosa Top zittert die Finanzbuch-Welt. Denn wenn Celine Nadolny (24) den Daumen senkt, wird ein Buch ganz schnell zum Ladenhüter. Und umgekehrt über Nacht zum Bestseller. Jetzt greift Deutschlands einflussreichste Sachbuch-Kritikerin nach der Krone – die Business-Studentin aus Recklinghausen will Miss Germany werden! Sie zu BILD: „Ich sehe das als Chance, über mich hinauszuwachsen. So kann ich zeigen, dass Bildung und lesen cool sind.“ Fast 50 000 Follower hat sie auf Instagram, hier stellt sie ihre knallharten Rezensionen vor.““

Das mit dem knallhart ist wie erwähnt in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle mehr als ein bisschen übertrieben. Immerhin erfährt man hier etwas, was man auf ihrer Netzseite allenfalls erahnen kann:

„Die Buchkritik geben die Autoren selbst in Auftrag. Nicht immer eine gute Idee: „Man bezahlt für den Aufwand. Meine Meinung ist nicht käuflich.““

Es stimmt allerdings so nicht, denn manche Rezensionen erstellt sie auch ohne Auftrag und Bezahlung, für andere zahlen Dritte.

Bei Business Insider dementiert sie diese Information indirekt wieder, indem sie sich mit ihrer Motivation von Plattformen distanziert, die Provision nehmen (was sie auch tut), oder sich für Bewertungen bezahlen lassen (was sie auch tut):

„Die Studentin fand nur Plattformen, die ihrer Meinung nach einzig darauf abzielten, kostenlose Bücher mit maximaler Provision zu bewerben oder sich für Bewertungen bezahlen ließen.“

Wie bei ntv darf sie auch bei Business Insider jungen Anlegern fünf „Meisterwerke“ und „Klassiker“der Finanzbuchliteratur wärmstens empfehlen, bei Business Insider allerdings ohne dass der Beitrag als Werbung gekennzeichnet wäre. Das könnte daran liegen, dass in diesem Artikel anders als bei ntv nicht auf die empfohlenen Bücher verlinkt wird.

Kein Fazit und eine Bitte

Ein Fazit zu ziehen, überlasse ich den Leserinnen und Lesern. Frau Nadolny hat schließlich einen Medienanwalt. Ich habe aber eine Bitte, da ich sehr ungern für einen sexistischen Shitstorm verantwortlich wäre: Wenn Sie das beschriebene Geschäftsmodell kritikwürdig finden sollten, und diese Kritik äußern möchten – wozu ich ausdrücklich nicht aufrufe – tun Sie das bitte auf respektvolle und sachliche Weise. Sagen Sie nichts was Sie nicht auch sagen würden, wenn die betreffende Person ein Mann mit Halbglatze, Bauch und Brille wäre. Alles andere setzt nicht nur die kritisierte Person, sondern auch den Kritiker herab. Danke.

Nachtrag (15.5.): Nach Angebotsablehnung schlechte Rezension

Die Finanzjournlistin und Buchautorin Gisela Baur berichtet von ihrer Erfahrung mit Celine Nadolny:

„Frau Nadolny hat sich vor ca einem Jahr an mich gewandt und mir eine gute Rezession meines Buches „Warren Buffett – der Jahrhundertkapitalist“ angeboten – gegen Geld natürlich. Weil ich in einer Welt lebe, wo weder der Gegenstand eine Berichterstattung noch die Tendenz käuflich sind, habe ich abgelehnt. Einige Zeit später ist mein Buch „Das große Handbuch für erfolgreiche Aktienanleger“ erschienen. Frau Nadolny hat dazu einen regelrechten Verriss veröffentlicht. Das tut mir vor allem für meine Kollegen leid, mit denen ich dieses Buch verfasst habe. Frau Nadolny ist die einzige, die das Buch schlecht bewertet hat. Bei Amazon und in anderen Blogs kommt es gut bis sehr gut weg. Ich denke unser Fall zeigt die ganze Problematik der bezahlten und nicht bezahlten Inhalte von Frau Nadolny auf: Denn nicht nur die Motivation hinter guten Rezessionen ist zweifelhaft, auch die hinter schlechten wirft zumindest Fragen auf.“

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