Die überaus wacklige Rechtfertigung des RKI für die geplanten Privilegien für Geimpfte

9. 04. 2021 | Hören | In einer Stellungnahme für die Ministerpräsidentenkonferenz erweckt der Chef des Robert Koch Instituts, Wieler, den Eindruck, wer geimpft ist, sei nicht mehr ansteckend. So hilft er, Privilegien für Geimpfte zu rechtfertigen. Das RKI hat guten Grund, dieses Pamphlet vor der Öffentlichkeit verstecken zu wollen.

Man ist misstrauisch geworden, nach all den falschen und verzerrten Aussagen, die die Behörde RKI schon losgelassen hat, um die Corona-Politik der Regierung zu stützen. So etwa jüngst die abseitige Behauptung, das massenhafte Ausrollen von Schnelltests habe nicht nennenswert zur Dritten Welle der positiv Getesteten je 100.000 Einwohner (nicht je Tests) beigetragen.

Das RKI täuscht, um die Inzidenz-Propaganda zu unterfüttern, und erklärt die Teststrategie für gescheitert

Man wird noch misstrauischer, wenn das RKI sich weigert, den Brief von Lothar Wieler vom 31.3. an die Ministerpräsidentenkonferenz herauszugeben, auf dessen Basis für die breite Öffentlichkeit so überaus wichtige Entscheidungen getroffen werden könnten.

Jens Wendehals Spahn will nun Privilegien für Geimpfte, die er vorher so entschieden abzulehnen vorgegeben hat

Stattdessen wurde er nur ausgewählten Medien zur Verfügung gestellt. Aber zum Glück hat Arne Semsrott, Projektleiter der gemeinnützigen Organisation Open Knowledge Foundation, den Brief ins Internet gestellt. Der Kernsatz lautet:

„Nach gegenwärtigem Kenntnisstand ist das Risiko einer Virusübertragung durch Personen, die vollständig geimpft wurden, spätestens zum Zeitpunkt ab dem 15. Tag nach Gabe der zweiten Impfdosis geringer als bei Vorliegen eines negativen Antigen -Schnelltests bei symptomlosen infizierten Personen.“

Der Satz ist kompliziert, und man ist nicht sicher, ob er so gemeint ist, wie er da steht. Spaltet man ihn auf, werden zwei Gruppen verglichen:

  1. Vollständig geimpfte Personen
  2. Ungeimpfte infizierte Personen ohne Symptome mit falsch negativem Schnelltest.

Das Risiko der Virenübertragung sei bei der zweiten Personengruppe höher als bei den Geimpften. Aber warum soll es uns beruhigen, dass eine ungeimpfte Person, von der man weiß, dass sie Infiziert ist, das Virus eher verbreitet als eine geimpfte Person, von der man nicht weiß, ob sie infiziert ist? Auch unter den Ungeimpften ist der Anteil der Infizierten sehr gering. Warum werden von dieser Gruppe nur die Infizierten genommen und mit allen Geimpften verglichen? Das ergibt keinen Sinn.

In einem internen Rundbrief der Universität Leipzig vom 10.3. heißt es:

Sterile Immunität nach Corona-Schutzimpfung noch fraglich – Konsequente Einhaltung Schutzmaßnahmen weiterhin essenziell
In den vergangenen Wochen haben wir in Einzelfällen beobachtet, dass symptomfreie Mitarbeiter trotz vollem Impfschutz im regulären SARS-CoV-2-Screening positiv getestet wurden. Da in dem betroffenen Bereich gleichzeitig die Schutzmaßnahmen nicht vollständig eingehalten wurden, sind inzwischen sieben Kolleginnen und Kollegen in Quarantäne. Aktuell kann nicht von einer sterilen Immunität als Ergebnis der Schutzimpfung ausgegangen werden. Geimpfte können also weiterhin ansteckend sein und das Virus weitergeben. Es ist natürlich erfreulich, dass die Impfung gut vor der COVID-Erkrankung schützt, aber die dann meist asymptomatischen Verläufe sind für Übertragung und mögliche Ausbreitung des Virus umso tückischer.“

Möglicherweise wollte Wieler mit seinem verunglückten Kernsatz sagen, dass asymptomatisch infizierte Geimpfte weniger ansteckend seien als asymptomatisch infizierte Ungeimpfte. Die Sache ist aber entschieden zu wichtig, um Entscheidungen auf der Basis von Vermutungen darüber zu treffen, was ein Behördenchef gemeint haben könnte – und die Öffentlichkeit darüber im Dunkeln zu lassen. Das schafft Misstrauen, das im Fall RKI ohnehin mehr als angebracht ist.

Auch das Fazit Wielers am Ende des Briefs schafft keine Klarheit, da es vor Relativierungen strotzt:

„Aus Public Health-Sicht erscheint das Risiko einer Virusübertragung durch Impfung nach gegenwärtigem Kenntnisstand in dem Maß reduziert, dass Geimpfte bei der Epidemiologie der Erkrankung wahrscheinlich keine wesentliche Rolle mehr spielen.“

Das ist die Basis auf der wir demnächst eine Impfpflicht durch die Hintertür bekommen sollen, und eine Impfausweispflicht an jeder Straßenecke, weil man als nicht geimpfter Unprivilegierter jeden Tag einen beweiskräftigen Corona-Test machen müsste, um noch am öffentlichen Leben teilnehmen zu können.

Man bekommt stark den Eindruck, Wieler habe einfach Sätze aufgeschrieben, die so klingen wie eine Rechtfertigung dessen, was die maßgeblichen Politiker beschließen wollen, ohne das wirklich zu sein, und ohne nachweislich falsch zu sein. Dafür spricht die Antwort vom 16. März, die der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki über die Bundesregierung vom RKI erhielt:

„Eine Festlegung, ob eine Übertragung von SARS-CoV-2 durch geimpfte oder von dem Virus genesene Personen möglich ist, kann erst zum Zeitpunkt der Auswertung von diesbezüglichen aussagekräftigen wissenschaftlichen Studien erfolgen.“

Einige Tage später forderte die Ministerpräsidentenkonferenz das RKI auf, diese Frage ultimativ zu klären. Der Brief Wielers ist die schnelle Antwort auf diese Aufforderung. Nicht sehr vertrauenerweckend.

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