Heuchelei geht weiter: Auch grüner Bahn-Aufsichtsrat Gelbhaar tut so, als hätte er mit dem Digitalzwang nichts zu tun

10. 07. 2024 | Wie Nadine Heselhaus, Sprecherin der SPD-Fraktion für Verbraucherschutz, tut auch der grüne Verkehrspolitiker Stefan Gelbhaar, der im Aufsichtsrat des Bundesunternehmens sitzt, so, als könnte er nichts gegen den Digitalzwang unternehmen, den die Bahn ausübt, und den er – angeblich – ablehnt.

Mit ganz ähnlichen Floskeln wie die SPD-Verbraucherschützerin Heselhaus sprach sich der Bahn-Aufsichtsrat Gelbhaar gegen den Digitalzwang der Bahn aus.

Bahn-Eigentümerin Bundesregierung wäscht Hände in Sachen Smartphonezwang durch die Bahn in Unschuld
5. 07. 2024 | In der Bundestagsdebatte über digitalen Verbraucherschutz am 4. Juli war der Smartphonezwang Thema, den die Bahn ausübt, indem sie die BahnCard im Prinzip seit einem Monat nur noch für das Smartphone ausgibt. Die Union hatte die Regierung in einem Antrag aufgefordert, dafür zu sorgen, dass das rückgängig gemacht wird. Die Antwort der Regierung war heuchlerisch und feige.

Die Bahn hat die Möglichkeit, Sparpreistickets im Automaten anonym zu kaufen und zu nutzen, beseitigt und verlangt bei Kauf im Reisezentrum die Angabe einer E-Mail-Adresse oder Mobiltelefonnummer. Die BahnCard gibt es seit Juni im Prinzip nur noch für das Smartphone und die datenschutzrechtlich sehr umstrittene App DB Navigator. Als Zugeständnis an die protestierende Öffentlichkeit erlaubt die Bahn (noch), die BahnCard auszudrucken und physisch vorzuzeigen, wenn man im Internet ein Konto bei der Bahn eröffnet. Beim Deutschlandticket hat die Bahn eine maßgebliche Rolle dabei, dass viele Anbieter dieses nur noch für das Smartphone ausgeben.

In einer auf Abgeordnetenwatch veröffentlichten Antwort auf eine Bürgerfrage, fordert Bahn-Aufsichtsrat Gelbhaar, es müsse auch für analog lebende Menschen möglich sein, die BahnCard zu nutzen. Die Digitalisierung der Angebote der DB dürfe nicht dazu führen, dass Menschen von der Nutzung von Rabatten wie Sparpreisen und der Bahncard ausgeschlossen und damit in ihrem Recht auf Mobilität eingeschränkt werden. Denn viele, vor allem ältere Menschen nutzten das Internet nicht. Auch diejenigen, die „ihr Recht auf analoges Leben“ wahrnehmen, dürften nicht ausgeschlossen oder benachteiligt werden.

Mit keinem Wort ging der Bahn-Vorstand auf die Tatsache ein, dass der Bund Eigentümer der Bahn ist. Wenn sowohl die SPD als größte, als auch die Grünen als zweitgrößte Regierungspartei den von dieser ausgeübten Digitalzwang schlecht finden, dann sollte es eigentlich möglich sein, die Bahn von diesem Kurs abzubringen. Gelbhaar verspricht jedoch nicht einmal zu versuchen, in diese Richtung zu wirken. Er tat wie seine SPD-Kollegin so, als hätte er gar nichts damit zu tun.

Die schnöde Wahrheit ist: Der Minister für Digitalzwang und Individualverkehr von der FDP will es so und lässt wissen, „dass es dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) nicht möglich ist, im Sinne des vorgetragenen Anliegens Einfluss auf die DB AG zu nehmen.“. Und SPD und Grünen geht dieses Thema – entgegen ihren schönen Floskeln zur Teilhabe – in Wahrheit irgendwo hinten vorbei.

Wie sehr Gelbhaar in Sachen Digitalzwang in Wahrheit auf Seiten des Bahn-Managements und des Digitalzwangministers steht, zeigt er dadurch, dass er den neu eingeführten Digitalzwang beim Sparpreisticket mit kunstvollen Formulierungen verbrämt:

„Eine solche analoge Alternative in Form eines Ausdrucks auf Papier gibt es auch beim Kauf eines Sparpreises als digitales Ticket im Reisezentrum. Die Kund:innen der DB erhalten auf Wunsch eine ausgedruckte Fahrkarte, die im Zug anerkannt wird. Weder Smartphone noch E-Mail-Adresse sind erforderlich. Ist auch keine Mobilfunknummer vorhanden, besteht nach wie vor die Möglichkeit, digitale Tickets für Dritte zu erwerben und diese auszudrucken.“

Die Tatsache, dass man mindestens eine E-Mail-Adresse oder eine Mobilnummer angeben muss, wenn man offline ein Sparpreisticket erwerben will und das Glück hat, in einer großen Stadt zu wohnen, wo es noch ein Reisezentrum der Bahn gibt, verbrämt Gelbhaar als: man muss keine E-Mail-Adresse angeben  wenn man eine Mobilnummer hat, und wenn man keine hat, kann man ja seinen Enkel bitten, eine Fahrkarte zu kaufen und vorbeizubringen. Das grenzt schon fast an Verhöhnung derer, für die er vorgibt, sich einzusetzen. Für die vielen Menschen, für die es keinen Schalter mehr gibt und die am Bahnhof nur noch Automaten vorfinden, hat Gelbhaar keinen Trost oder Ersatz, aber das lässt er einfach unter den Tisch fallen.

Was tun?

Lassen Sie die Heuchler nicht mit wohlfeilen Phrasen davonkommen. Schreiben Sie ihnen, oder fragen sie sie öffentlich auf Abgeordnetenwatch, was sie unternehmen (wollen), damit das Bundesunternehmen Bahn Menschen nicht von elementaren Mobilitätsleistungen ausschließt, die auf Datenschutz Wert legen oder das Internet aus anderen Gründen nicht nutzen (können).

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Mein Dossier zum Digitalzwang der Bahn

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