Gabriel und die SPD müssen bei CETA bald Farbe bekennen

Die Linksfraktion im Bundestag hat am 10. Mai einen Antrag eingebracht, der die Bundesregierung auffordert, im EU-Rat die vorläufige Anwendung des sogenannten Freihandelsabkommens CETA mit Kanada abzulehnen und damit zu verhindern. Ob der Bundestag am Freitag wie von der Linken beantragt, sofort über den Antrag abstimmt, ist noch offen. Auf jeden Fall müssen Vizekanzler Gabriel und seine SPD bald Farbe bekennen, wie sie zur Wahrung der Demokratie stehen.

Am Freitag befasst sich der EU-Rat in Brüssel das nächste Mal mit CETA und debattiert die Marschrichtung. Der Antrag der LINKEN, den ich hier etwas gekürzt dokumentiere, beschreibt gut, worum es geht. (Die Quellenangaben habe ich zur besseren Lesbarkeit weggelassen.):

„(…) Die EU-Kommission plant dem Rat der EU im Sommer 2016 vorzuschlagen, neben der Unterzeichnung von CETA auch dessen vorläufige Anwendung zu beschließen. Mit einer solchen vorläufigen Anwendung des CETA-Abkommens treten durch Beschluss des Rates der EU bereits vor der Ratifizierung durch die EU-Mitgliedstaaten die Teile in Kraft, die in die alleinige EU-Zuständigkeit fallen. Auch die Zustimmung des Europaparlaments ist dafür nicht erforderlich. Ob das EU-Parlament in den Schritt einbezogen wird, steht „im Belieben von Rat und Kommission“. Das EU-Parlament kann „dem Rat die vorläufige Anwendung weder ganz noch teilweise untersagen“. Doch ob das Abkommen womöglich ausschließlich in der Verantwortung der EU liegt, wie die Kommission weiterhin für möglich hält, oder ob es sich um ein gemischtes Abkommen handelt und demgemäß alle EU-Staaten eine parlamentarische Entscheidung treffen müssen, wie die Mitgliedsstaaten fordern, das wird erst endgültig klar sein, nachdem der EuGH dazu im Rahmen des Gutachtenverfahrens zum EU-Singapur-Abkommen eine Position vorgelegt hat.

Dies wird dem Ratsbeschluss voraussichtlich zeitlich nachgelagert sein. Bis dahin wird debattiert und gestritten, welche Bereiche überhaupt in den Verantwortungsbereich der Mitgliedsstaaten fallen und deswegen nicht vorläufig in Kraft gesetzt werden dürfen. Diese Frage ist u.a. für das Investitions-Kapitel des CETA-Vertrages offen und damit auch, ob Konzerne bereits gegen die Mitgliedsstaaten klagen können, bevor deren Parlamente über das Abkommen abgestimmt haben.

Verfahren, bei denen eine Kompetenzübertretung der EU droht und weder klar ist, wer letztendlich entscheidet, noch worüber jeweils zu entscheiden ist, führen eine parlamentarische Demokratie ad absurdum.

Die vorläufige Anwendung schafft Fakten, die durch nachgelagerte eventuelle parlamentarische Entscheidungen in den Mitgliedsstaaten kaum rückholbar sind. Faktisch präjudiziert eine vorläufige Anwendung den Ausschluss der Parlamente der Mitgliedsstaaten von der Entscheidungsfindung

(….)

Die Bundesregierung hat bereits ihre Bereitschaft zur vorläufigen Anwendung signalisiert. Dies ist nicht nur unverständlich, untergräbt sie doch damit ihre eigene Position, nach der alle Mitgliedsstaaten eine parlamentarische Beschlussfassung treffen müssen, sondern auch aus Gründen der demokratischen Kontrolle heftig zu kritisieren. Die mit dem CETA-Abkommen verbundenen sehr weitreichenden Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten erfordern deren politisch-parlamentarische Beteiligung. Ihre Entscheidung muss frei erfolgen können und darf nicht durch eine vorgezogene Implementierung präjudiziert sein.

Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang, dass dem Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages ein einstimmiger Beschluss im Rat über die vorläufige Anwendung von CETA erforderlich erscheint. Wird dies der Fall sein, kann die Bundesregierung alleine die vorläufige Anwendung verhindern.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,im Rat der EU die vorläufige Anwendung von CETA abzulehnen.“

 

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