Re: Zum Stand im Game of Chicken

das ist eine sehr informative und adäquate Darstellung des Spiels! Es sieht ja aus wie der Auftakt zu einer Revolte der Befreiung aus dem Gläubiger-Schuldner-Gegensatz, den vor allem Deutschland mit aufgebaut
hat. Angela Merkel hat hier wohl nicht aufgepasst! Abgesehen davon, dass ihre Taktik hier nicht mehr sinnvoll scheint, und sie auch vermutlich leider die Problematik gar nicht versteht, hat sie einfach zu wenig auf

die Vorgänge geachtet, – vielleicht, weil sie „europafremd“ aufgewachsen ist, wie Klaus Harpprecht in einem Interview in der Berliner Zeitung geschrieben hat? Nun zeichnet sich eine offene politische Polariserung im
Eurozonenraum ab, und das im Rahmen einer Umkehr der Positionen: Der Schuldner, nämlich Griechenland, der am meisten Schulden hat, erkennt, dass er aus seiner Position mit dem Rücken zur Wand nunmehr Macht über den Gläubiger ausüben kann. Die Macht des Gläubigers verfängt nicht mehr, er kann die Schuldknechtschaft nicht mehr aufrecht erhalten. Die Reaktion der EU auf diese Revolte ist erneut viel zu langsam: Wie beim Ausbruch der Krise, als man von Schönwetter auf Regen umschalten musste, und in die vordemokratische Mottenkiste der inneren Abwertung griff (weil die mainstream Ökonomen in Brüssel offenbar alle in der restaurativen Periode der achtziger und neunziger Jahre ausgebildet worden waren), waren sie auch diesmal darauf nicht vorbereitet. Man zeigte sich offen konsterniert und es sieht so aus, als ob sie nicht mehr in der Lage sind, einen Flächenbrand zu verhindern. Bis Brüssel kapiert hat, dass man Griechenland extra behandeln muss, und mit Samthandschuhen anfassen muss, ist der Wahltag in Spanien schon vorbei. Allein Moscovici scheint die Zeichen der Zeit erkannt zu haben. Der Mann, den Angela Merkel, wenn die Zeítungen die Wahrheit geschrieben haben, nicht wollte, zeigt sich hier als der Schlauste!
Beste Grüße, Ihr Reinhard Blomert  

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