China zeigt, wozu G-Regeln und Gesundheitspässe gut sind – zur totalen Kontrolle der Bevölkerung durch die Regierung

16. 06. 2022 | Chinas Regierung zeigt, was man mit digitalen Gesundheitsnachweisen in Verbindung mit Tests und Impfungen als Zugangsvoraussetzungen zu Gebäuden und Verkehrsmitteln machen kann. Wer unbotmäßiges Verhalten an den Tag legt, zum Beispiel an öffentlichen Protesten teilnehmen will, dem wird einfach der Gesundheitsstatus auf gefährlich gesetzt. Ganz fremd sind solche Vorgehensweisen auch bei uns nicht mehr. Und der digitale Gesundheitspass soll in der EU zur Dauereinrichtung werden.

Ein Bericht der Nachrichtenagentur Reuters vom 14. Juni mit dem Titel „China bank protest stopped by health codes turning red“, sollte allen, die Impfpässe und die zugehörigen Apps für eine harmlose und nützliche technische Errungenschaft halten, Grund geben, neu nachzudenken.

In dem Bericht geht es darum, dass Einleger von drei Banken in Zentralchina, die unter eingefrorenen Guthaben litten, daran gehindert wurden, an Protesten teilzunehmen, indem die Behörden ihre Gesundheits-Apps auf Rot setzten. Das haben mehrere Einleger der Nachrichtenagentur berichtet. Die Provinzregierung und das chinesische Innenministerium, die von Reuters angefragt wurden, äußerten sich nicht dazu. Die Nationale Gesundheitskommission erklärte, dass die Verwendung von Gesundheitscodes nicht ohne Genehmigung ausgeweitet werden sollte.

Die Einleger wollten dem Bericht zufolge aus ganz China in die Provinz Henan reisen, um gegen eine fast zweimonatige Blockade des Zugriffs auf Einlagen aufgrund einer Optimierung interner Bankenabläufe zu protestieren.

Doch dann passierte genau das, wovor Bürgerrechtsgruppen nicht nur in China gewarnt haben. Die COVID-Überwachungsinfrastruktur wurde genutzt, um abweichende Meinungen zu unterdrücken. In vielen Provinzen Chinas ist eine grüne Ampel auf der Covid-Smartphone-App Voraussetzung für den Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, Restaurants und Einkaufszentren und vielen anderen Einrichtungen.

„Sie legen uns digitale Handschellen an“, zitiert Reuters einen Bankkunden. Nachdem Bankkunden, wie aufgrund der Covid-Restriktionen gefordert, ihre Reisepläne online angemeldet hatten, wurden bei vielen offenbar die Covid-Ampeln plötzlich rot. Bei anderen seien sie rot geworden, nachdem sie sich am Ort der geplanten Proteste zum ersten Mal mit der Covid-App auswiesen.

Für die Betroffenen bedeutet das nicht nur, dass sie nicht an den Protesten teilnehmen können, sondern sie werden allein schon für diese Absicht damit bestraft, dass sie an ihrem Wohnort praktisch nirgendwo mehr hingehen können, auch nicht zur Arbeit

Chinas Vorgehen ist nur besonders drastisch

Niemand möge sich mit dem Gedanken trösten, dass so etwas nur in einem autoritär regierten Staat wie China vorkommen könne. Ähnliche Beispiele gibt es auch aus vermeintlich liberalen Demokratien. Erinnert sei daran, wie die kanadische Regierung Proteste von Lastwagenfahrern gegen die drakonischen Corona-Impfregeln unterband, indem sie den Notstand ausrief und allen teilnehmenden Truckern und allen ihren Unterstützern die Bankkonten einfror. Hätte die Regierung Kanadas über ein ähnlich weitgehendes System von zentral verwalteten digitalen Zugangskontrollen verfügt wie China, sie hätte sicher sehr viel lieber dieses genutzt, um die Proteste zu unterbinden.

In Deutschland wurden Menschen, die gegen die Corona-Maßnahmen protestieren wollten, ganz gezielt mit Corona-Auflagen abgeschreckt und latent kriminalisiert, oder sehr oft die Demonstrationen mit Verweis auf das angebliche Corona-Risiko ganz untersagt, während wohlgelittenere Demonstrationen mit weniger rigiden Auflagen genehmigt wurden.

Ein besonders offensichtliches Beispiel lieferte die Stadt Ulm Anfang 2022. Diese untersagte unter seuchenpolitischem Vorwand alle Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen. Um unangemeldete Corona-„Spaziergänge“ zu unterbinden, schrieb die Stadt für Montagabende und Freitagabende FFP2-Masken in der gesamten Innenstadt vor.

Die schikanöse Verpflichtung zum Tragen einer besonders dichten, und damit das Atmen stärker behindernden FFP2-Maske im Freien bzw. im Auto an bestimmten Tagen wurde unverhohlen auch damit begründet, dass Kritiker der Corona-Maßnahmen mit ihrem oft starken Unwillen gegen Masken, diese nicht aufsetzen würden und dadurch für die Polizei leicht als „Störer“ erkennbar seien.

Um dem Gebot Nachdruck zu verleihen, wurde in der Allgemeinverfügung zur Durchsetzung dieser Maskenpflicht ausdrücklich mit Anwendung von physischem Zwang bis hin zu Waffeneinsatz gedroht.

Nachdem ich berichtet hatte, gab es zunächst eine peinliche gemeinsame Klarstellung der Stadt und des Polizeipräsidiums, dass man nicht auf Unmaskierte schießen werde. Einige Tage später teilte die Stadt mit, die Gewaltandrohung werde aus der Allgemeinverfügung gestrichen. Die Maskenpflicht an Spaziergangstagen blieb bestehen.

Sowohl aus dem kanadischen Beispiel, als auch aus dem, wie Corona-Regeln in Ulm und ganz Deutschland zur Unterbindung von Protesten genutzt wurden, ziehe ich den Schluss, dass man unter dem Vorwand der Pandemiebekämpfung einer verängstigten Bevölkerung ohne Weiteres auch in vermeintlich liberalen Demokratien den Missbrauch von gesundheitspolitisch begründeten Überwachungs- und Kontrollmöglichkeiten zur Unterbindung von Protest gegen die Regierung schmackhaft machen kann.

Die von der EU geplante Verstetigung des digitalen Impfnachweises (trotz über 380.000 ganz überwiegend negativen Stellungnahmen in einer Bürgerbefragung) und die globale Harmonisierung der digitalen Impfnachweise, mit der T-Systems beauftragt wurde, sind damit als Maßnahmen mit extrem hohem Missbrauchspotential anzusehen. Sie erlauben, wie das aktuelle Beispiel aus China auf erschreckende Weise zeigt, eine sehr weitgehende und gezielte Kontrolle des Bürgerhandelns. (Tippfehler in der Zahl der Stellungnahmen korrigiert von 38.000 auf 380.000.)

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