Putins Querflöten: Die Liste der Top 15 deutschsprachigen Verbreiter von Kreml-Propaganda

Es gibt offenbar ein großes Informationsbedürfnis über verlässliche Quellen regierungsunabhängiger Informationen und Meinungen. In den USA haben die Washington Post und andere Medien dieses Bedürfnis auf ihre Weise gestillt. Sie haben die von einer anonymen Analystengruppe erstellte schwarze Liste von unabhängigen Medien einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht und beworben, was deren Leserzahlen deutlich erhöht hat. In Deutschland wurde dieses Bedürfnis bisher nicht umfassend gestillt. Das soll die hier vorgestellt Rangliste der 15 schlimmsten neurechten, putinfreundlichen Propagandaschleudern in Deutschland ändern.

Auf der schwarzen Liste der anonymen Gruppe PropOrNot ist der Blog des ehemaligen Vize-Finanzministers der USA, Paul Craig Roberts. Er berichtet, dass die Zugriffszahlen auf seinen Blog und auf andere Medien auf der „Liste“ geradezu explodiert seien, seit die Washington Post werblich über diese Liste geschrieben hat. In Deutschland gibt es bisher nur in Ansätzen eine solche Transparenz über insubordinante Informationsquellen. Jüngst hat zwar der Atlantic Council eine kommentierte Liste der Trojanischen Pferde des Kreml in Europa veröffentlicht. Sie enthält aber nur zum Teil Personen, die Informationen oder Meinungen veröffentlichen. Im Wesentlichen sind das Sigmar Gabriel und Gerhard Schröder von der SPD, Sahra Wagenknecht und zwei weitere Politiker der Partei DIE LINKE und zwei der AfD, Pegida-Gründer Lutz Bachmann, sowie das Pegida-nahe Magazin Compact.

Deshalb hat ein mir bekanntes, aber aus Sicherheitsgründen unerkannt bleiben wollendes Forscherteam in Anlehnung an das Vorgehen der Kollegen in den USA eine Liste für Deutschland erstellt und darüber hinaus nach Relevanz sortiert. Eine zentrale Rolle als Informationsquelle nimmt dabei André Hüssy aus der Schweiz ein. Dieser stützt sich beim offenbar hauptberuflichen Beobachten und Aufdecken putinfreundlicher Querfront-Umtriebe im deutschsprachigen Raum auf ein Netzwerk aus anonymen und namentlich bekannten Bloggern und Twitterern, sowie Politikern und Medienleuten, die sich mindestens nebenher der gleichen Aufgabe widmen. Seine Twitter-Aktivität eignet sich besser als andere für eine quantitative Auswertung, weil er sich dabei – abgesehen von gelegentlichen Retweets von Grußbotschaften der israelischen Botschaft und Nachrichten der Israeli Defense Forces (IDF) – sehr stark auf die Querfrontbeobachtung konzentriert. In Verbindung damit schreibt er den Querfrontseiten-Blog, in dem er Dossier-artig vermeintlich Negatives über Zielpersonen aufschreibt. Dabei geht es vor allem darum, wen diese Personen kennen, von wem sie empfohlen oder zitiert werden. Manchmal liefert er auch Zitate, meist aus dem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang gerissen und deshalb selten mit Links auf die Quelle. Auf diese Blogposts verlinken er und seine Mitstreiter dann immer wieder, insbesondere dann, wenn die Zielperson gerade etwas unbotmäßiges gesagt oder geschrieben hat. Die Ähnlichkeit in Vorgehen und Antrieb mit PropOrNot ist also groß. Es gibt wohl keine Quelle , die fleißiger und umfassender als A. Hüssy sammelt und verbreitet, was es aus der Welt der Querfront-Beobachter zu berichten gibt. Er setzt etwa 1000 Tweets pro Monat ab.

Die Forschergruppe, die die Anzahl ihrer Mitglieder aus Sicherheitsgründen geheim hält, hat sich die Mühe gemacht, Hüssys Tweets und Retweets vom 1. – 30. November danach auszuwerten, wer darin verbreitet oder positiv erwähnt wird, und wer negativ erwähnt wird. Aus der Anzahl der negativen Erwähnungen hat sie die Liste der Top-15-Putin-Querflöten erstellt.

 

Top 15 der deutschsprachigen Kreml-Propagandisten

(Anzahl der Nennungen in analysierten Tweets und Retweets in Klammern)

  1. KenFM/Ken Jebsen (68)
  2. Nachdenkseiten/Albrecht Müller (62)
  3. Sahra Wagenknecht, LINKE ( 27)
  4. Compact/Jürgen Elsässer (24)
  5. Diether Dehm, LINKE (11)
  6. Martin Lejeune (10)
  7. Daniele Ganser (8)
  8. Konstantin Wecker (8)
  9. RT/RT Deutsch (8)
  10. Norbert Häring (8)
  11. Tilo Jung/Jung & Naiv (6)
  12. Andrej Hunko, LINKE (6)
  13. Prinz Chaos (6)
  14. Oskar Lafontaine, LINKE (5)
  15. Lutz Bachmann, Pegida (5)

Warnhinweis 1: Dass jemand auf dieser Liste steht, ist ein Indiz, aber bei weitem kein Beweis, dass diese Person oder dieses Medium eine lohnende Quelle für Informationen und fundierte Meinungen sein könnte. Es gibt auch tatsächlichen Antisemitismus und Islamhass auf dieser Liste, allerdings nur bei einer kleinen Minderheit. Das eigene Urteilsvermögen bleibt gefragt.

Warnhinweis 2 (1.12) auf Anregung eines Lesers, der meint, die meisten Leute verstünden Satire nicht: Ich habe zwar eine andere Erfahrung gemacht, aber zur Sicherheit hier trotzdem der offizielle Satirehinweis. Wie immer bei guter Satire ist die Botschaft eine ernste (ob diese Satire eine gute ist, bleibt dabei natürlich ihrem Urteil überlassen). Die Daten sind – -abgesehen von unvermeidlicher Unschärfe – echt.

Die Rechte Seite der Querfront schwächelt

Als einziges rechtes Medium findet sich die Pegida-nahe Zeitschrift Compact von Jürgen Elsässer auf Rang 4 der Liste. Sie ist allerdings ein Spezialfall, denn Compact und Elsässer werden kaum je wegen des Inhalts genannt, den sie verbreiten, sondern immer nur in Zusammenhang mit linken Politikern und Medien(leuten), die des (früheren) Kontakts mit ihm beschuldigt werden. Wenn man bedenkt, dass der Ausdruck „Querfront“ so etwas bedeuten soll wie Kooperation von ganz links mit ganz rechts gegen einen gemeinsamen Feind oder gegen das System, dann ist es auf den ersten Blick erstaunlich, dass die Rechten so wenig zu dieser Allianz beizutragen scheinen. Lutz Bachmann schafft es gerade so in die Top 15, Bernd Höcke schafft es knapp nicht. Die Querfront scheint mit dem schillernden Jürgen Elsässer und seiner Zeitschrift Compact zu stehen und zu fallen.

Was zumindest den linken Teil der Querfront verbindet, ist die Beschäftigung auch mit Tabu-Themen, etwa mit der völkerrechtlichen und moralischen Rechtfertigung von Nato-Kriegseinsätzen, Kritik an vermeintlich neoliberaler Wirtschaftspolitik gegen die Arbeitnehmerinteressen und für Finanzinteressen, oder an angeblich einseitiger und lückenhafter Medienberichterstattung. Ersteres ist Parteinahme für Putin. Kritik an Neoliberalismus lässt sich über zum Teil recht komplexe Gedankengänge, die auszubreiten hier zu weit führen würde, als Antisemitismus deuten. Wenn man die Medien kritisiert, macht man sich mit der AfD gemein.

Das Anti-Querfront-Netzwerk als Informationsquelle

Die Auswertung der Tweets eines Monats stellt in gewissem Maße nur eine Momentaufnahme dar. Bei größeren Ressourcen wäre es wünschenswert, die Untersuchung auf längere Zeiträume und weitere Anti-Querfront-Quellen auszudehnen. Wem die Top-15-Liste nicht reicht, oder wer sich berechtigte Sorgen macht, dass sie veralten könnte, für den hat die Forschergruppe als Quellenanregung für die weiterführende Information ein Ranking der Politiker, Publizisten und Medien erstellt, auf die sich Hüssy bei seiner Querfrontbeobachtung und Enttarnung besonders zu stützen scheint.

Gezählt wurden die Retweets der Berichte oder Äußerungen von Medien und Personen durch Hüssy, bei allgemeinen Medien nur Retweets von Meldungen, die einen deutlichen Anti-Putin-Querfront-Einschlag haben. Außerdem gezählt sind in Hüssys Tweets eingefügte Verweise wie „@fr“, die sicherstellen sollen, dass dem Adressaten der entsprechende Tweet von Twitter unter den „Mitteilungen“ angezeigt wird. Ob beim Adressaten tatsächlich jemand derartige Tweets sichtet, ist unbekannt und machmal zweifelhaft. Auch ausdrückliche positive Nennung der Namen von Medien, Institutionen oder Personen, etwa um diese gegen querfrontlerische Kritik zu verteidigen, sind mitgezählt.

Die Top 15 der deutschsprachigen Putin-Querfront-Beobachter

(Anzahl der Nennungen in ausgewerteten Tweets)

  1. Jutta Ditfurth, ÖkoLinX (33)
  2. Taz (23)
  3. Ruhrbarone (18)
  4. Friedensdemo-Watch (17)
  5. Frankfurter Rundschau (16)
  6. Amadeu Antonio Stiftung/Anetta Kahane (15)
  7. RT-Deutsch-Watch (13)
  8. Propagandaschau_not (8)
  9. Tagesspiegel (8)
  10. Jungle World (7)
  11. We’re Watching You (7)
  12. Klaus Lederer, LINKE (5)
  13. Aluhut für Ken (5)
  14. Volker Beck, Die Grünen (4)
  15. Axel Meyer, SPD (4)

Zu nennen ist daneben noch ein David Vickrey, der in den USA lebt, den Blog Dialog International betreibt und sich zur Aufgabe gemacht hat, US-Medien und Personen vor Kontakten mit deutschen „Querfrontlern“ zu warnen. Zu diesem US-Pendant von Hüssy hält jener besonders engen Kontakt (31 Nennungen).

Medienübergreifend arbeitende, von Hüssy bevorzugt verlinkte und informierte Journalisten sind Alexander Nabert, der für Jungle World, Vice und publicative.org schreibt und daneben Beisitzer im Bundesvorstand der Grünen Jugend ist (13 Nennungen). Dahinter rangieren der ehemalige Moskauer Büroleiter des Focus und Russland-Buchautor, Boris Reitschuster (10) und  Klaus Jarchow (8), ein freier Journalist und ehemaliger Pressesprecher für Die Grünen in Bremen. Diesen Journalisten und den Top-15-Medien zu folgen, könnte sich lohnen, wenn man auf dem Laufenden bleiben will, wer bei den Querflöten gerade angesagt und aktiv ist.

Für regionale unabhängige Quellen auf die SPD achten

Wenn es ins Regionale geht, entgeht dem Schweizer Hüssy und seinem Netzwerk manchmal  etwas, zum Beispiel die Kontroverse um den KAB Freising bei München (Katholischer Arbeitnehmer-Bewegung). Dessen Generalsekretär Rainer Forster ist unangenehm aufgefallen, weil er Veranstaltungen mit Leuten wie Ken Jebsen oder den früheren Unionspolitikern Willi Wimmer und Rainer Rothfuß organisiert hat, sowie mit einem Rapper, der sich „Medienberichten zufolge im Umfeld von Mahnwachen aufgehalten (hat)“ (Süddeutsche).

Auch eine Dokumentation zu der für manche unrühmlichen Rolle der vermeintlichen Drohnensteuerungsbasis Ramstein hat Forster gezeigt. Dass kritische Bayern auch jenseits der Diözese diese Informationsquelle entdecken konnten, darum hat sich die SPD in Freising verdient gemacht. In einem Schreiben an den KAB-Landesvorstand trug der Freisinger Kreisverband der SPD seine Sorge über Veranstaltungen vor, die Forster organisiert hatte, und bei denen „rechtspopulistische Verschwörungstheoretiker zu Wort (kommen), die Feinde der Demokratie sind und deren System in den Dreck ziehen.“ Foster nutze als regionaler KAB-Geschäftsführer die respektierte katholische Institution, um Gedankengut hoffähig zu machen, das humanistischem und christlichen Grundüberzeugungen widerspricht. „Wir halten deshalb Herrn Forster als Repräsentanten der KAB für nicht tragbar“, endet das Schreiben des SPD-Kreisvorstandes. Unterstützung bei ihrer Aufklärungsarbeit bekam die SPD von den „Erdlingen“, einer Gruppe, die auf „rechte Tendenzen“ in der Gesellschaft aufmerksam macht. Die „Erdlinge“ hatten es laut Süddeutscher Zeitung bereits im Mai geschafft, dass Forster eine geplante Veranstaltung mit dem Schweizer Historiker Daniele Ganser kurzfristig absagte. Dieser gilt als Nato-Kritiker, mithin als Verschwörungstheoretiker. Die „Erdlinge“ waren es auch, die die rechtsesoterisch verschwörungstheoretischen Hintergründe und Einstellungen der jüngsten KAB-Gäste wie Ken Jebsen über Facebook publik machten. Die mutigen SPD-Leute ließen sich auch vom absehbaren Gegenwind aus den KAB-Ortsverbänden und benachbarten Kreisverbänden nicht von ihrem drastischen Vorstoß abhalten. Diskriminierend und unsäglich sei ihre Kritik, mussten sie sich brieflich vorhalten lassen, ja sogar möglicherweise strafrechtlich relevant. Nur vor einem neurechten Verschwörungstheoretiker namens Franziskus scheut selbst die tapfere SPD Freising bisher zurück. Der hatte in einem Interview gesagt (Dank an Ralph Boes):

„Damit das System (Kapitalismus N.H.) fortbestehen kann, müssen Kriege geführt werden, wie es die großen Imperien immer getan haben. Einen Dritten Weltkrieg kann man jedoch nicht führen, und so greift man eben zu regionalen Kriegen.“

Aber der Papst ist ja auch nicht wirklich auf zusätzliche Publizität von Querfront-Wächtern angewiesen.

Szenenbezogene Bündnistreue-Wächter

Für spezielle Zielgruppen, wie die Veganer und Tierschützer, die Schwulen, Lesben und Genderqueer, Feministinnen und andere, gibt es spezialisierte Querfrontwächter mit Stallgeruch, die dafür sorgen, dass deren Aushängeschilder und besonders bekannte Mitglieder nicht aus der Reihe tanzen, und z.B. auf Friedensmahnwachen auftreten und Kritik am westlichen Verteidigungsbündnis üben. Tun sie es doch, werden sie in den sozialen Medien exponiert. Darüber habe ich an anderer Stelle bereits geschrieben. Die Liste der von diesen spezialisierten Querfront-Wächtern besonders herausgestellten Personen könnten Interessierte aus diesen Szenen als Anregungen bei der Suche nach Quellen unabhängiger und fundierter Meinungsäußerungen im eigenen Lager nutzen. Allerdings ist die bisher im Veganer-Umfeld in dieser Richtung besonders informative Wächter-Website Indyvegan seit knapp zwei Monaten kaum noch aktiv. Das könnte eventuell mit Strafanzeigen gegen einen Berliner Lokalpolitiker aus dem ÖkoLinX-Umfeld wegen Verleumdung zusammenhängen, die in den letzten Wochen eingereicht wurden.

 

Ausblick: Mit Ken Jebsen, der unsere Top 15 der schlimmsten neurechten Putin-freundlichen Querfrontler anführt, wollen wir uns im nächsten Blog-Beitrag näher befassen, quasi stellvertretend für die Querflötenzene.

 

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