Die dpa hat ein Team von Faktencheckern, die von den internationalen Zertifizierungsstellen IFCN und EFCSN zertifiziert sind. Die dpa-Faktenchecker veröffentlichen sogenannte Faktenchecks zu weitverbreiteten Behauptungen aus den sozialen Medien. Zumeist handelt es sich um Meinungen und Informationen von Regierungskritikern oder solchen, die zumindest den regierungsseitigen Aussagen widersprechen. Nicht selten werden Auskünfte von Behördenvertretern zum Beweis herangezogen, dass diese Aussagen falsch oder teilweise falsch seien, oder dass wichtiger Kontext fehle.
Die Lüge
Das wäre hochproblematisch, wenn die dpa ein finanzielles Interesse an guten Beziehungen zu den Regierenden hätte. Und so fragen denn auch Zertifizierungsstellen wie das International Fact Checking Network (IFCN) die geprüften Faktenchecker, ob sie staatliche Mittel bekommen. Die Antwort von dpa auf diese Frage war regelmäßig „Nein“. So heißt es im Zertifizierungsbericht von 2022 (übersetzt):
„Die dpa ist eine unabhängige und zu 100 Prozent privatwirtschaftlich organisierte Nachrichtenagentur, die sich seit ihrer Gründung im Jahr 1949 vollständig auf dem freien Markt finanziert. Wir erhalten keine Finanzierung oder Unterstützung von Staat, Politikern oder Parteien.“
Sehr ähnlich lautend heißt es auf der Netzseite der dpa-Faktenchecker zu „Aufbau und redaktionelle Grundsätze der dpa“:
„dpa erhält keine staatlichen Subventionen oder sonstige finanziellen Zuwendungen. Sämtliche Einnahmen werden auf dem freien Markt erwirtschaftet.“
Die Wahrheit
Tatsächlich erhält die dpa sehr wohl Zuwendungen vom Staat in beträchtlicher Höhe. Pikanterweise enthielt schon der Zertifizierungsbericht von 2022 einen Vermerk des Prüfers zu einem Interessenkonflikt. Demnach war dieser parallel zur Prüfung dabei, zusammen mit dpa für ein gemeinsames Projekt mit dpa Förderung von der EU-Kommission zu beantragen.
Dass ein solch eklatanter Interessenkonflikt für das IFCN kein Hindernis für eine Zertifizierung durch diesen Prüfer darstellt, ist das eine. Dass dieser Prüfer und IFCN trotz dieses dokumentierten dpa-Förderantrags problemlos die Behauptung akzeptierten, dpa nehme kein öffentliches Geld, ist das andere.
Ich hatte über den Interessenkonflikt 2022 geschrieben. Seither wurden große Teile des Berichts von 2022, einschließlich des Vermerks über den Interessenkonflikt, von der Netzseite genommen. Es sind – anders als von den Prüfungen in anderen Jahren – nur noch Rudimente des Berichts öffentlich einsehbar.
Der Deutsche Bundestag definiert „Zuwendungen“ folgendermaßen:
„Zuwendungen sind Geldleistungen des Bundes an Stellen außerhalb der Bundesverwaltung, wenn der Bund ein Interesse daran hat, bestimmte Institutionen oder Projekte zu fördern, die ohne dieses Geld nicht umgesetzt werden könnten. Die Leistungen des Bundes sind freiwillig; sie müssen zweckgebunden und zukunftsbezogen sein. Sie müssen nicht zurückgezahlt werden.“
Das staatliche Geld für die Finanzierung von dpa-Projekten, zu dem wir nun kommen werden, fällt also unzweifelhaft unter den Begriff „Zuwendungen“, die dpa angeblich nicht erhält.
dpa hat 2024 für das Projekt „Jahr der Nachricht“ eine Million Euro von der Bundesregierung erhalten. 750.000 Euro Staatsgeld flossen nach einem Bericht des Medium Magazin in den Jahren zuvor für das DPA-Projekt „Drive Me“ zur Unterstützung regionaler Zeitungsverlage bei der Steigerung digitaler Abo-Erlöse. 321.000 Euro flossen für das Kooperationsprojekt „Democracy Newsroom“ europäischer Nachrichtenagenturen. 240.000 Euro bekommt DPA für das noch laufende Schulungsprogramm „Wegweiser KI“.
Hinzu kommen Zahlungen von der EU in unbekannter Höhe, zum Beispiel für die Deutsch-österreichische Digitalmedien-Beobachtungsstelle GADMO, an der DPA maßgeblich beteiligt ist.
Zur Mission von GADMO heißt es auf deren Netzseite:
„Bei GADMO arbeiten Faktencheck- und Forschungsteams aus Deutschland und Österreich zusammen, um potenziell schädlichen Desinformationskampagnen in den Medien, sozialen Netzwerken und auf Messenger-Plattformen entgegenzuwirken. (…) GADMO ist unabhängig, überparteilich und frei von kommerziellen Interessen.“
Die in GADMO kooperierenden Faktenchecker der führenden deutschsprachigen Nachrichtenagenturen, AFP, dpa und APA prüfen bevorzugt viel gelesene oder -gesehene Nachrichten und Meinungen auf den sozialen Medien, die ein Narrativ der Regierenden konterkarieren und diskreditieren diese Nachrichten. Wie einseitig und unseriös die sogenannten Faktenchecker dabei zu Werke gehen, habe ich in vielen Beiträgen analysiert. Ein negatives Label führt dazu, dass die betreffenden Beiträge auf den Medienplattformen gelöscht oder ausgebremst werden. dpa und AFP vergeben solche Labels gegen Bezahlung u.a. für Facebook.
GADMO hat sich von der EU beauftragen lassen, die Umsetzung des von der EU den Plattformen aufgenötigen Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation zu überprüfen. dpa und Konsorten werden also von der EU noch dafür bezahlt, dass sie den Plattformen ein schlechtes Zeugnis für ungenügende „Inhaltemoderation“ ausstellen, von denen sie Geld für Hilfe bei der „Inhaltemoderation“ (aka Zensur) bekommen. Hinzu kommt, dass ihr Geschäftsmodell davon abhängt, dass die EU und die Regierungen Druck auf die Plattformen machen, Faktenchecker wie die von dpa anzuheuern.
Keine Antwort, aber eine Einräumung
Auf meine schriftliche Bitte vom 3.3. um Stellungnahme zum Vorwurf der Falschbehauptung antwortete dpa nicht. Aber an anderer Stelle räumte die dpa unumwunden ein, dass sie, entgegen ihrer Behauptung auf der Netzseite und gegenüber dem Lizenzgeber, durchaus Zuwendungen vom Staat bekommi.
Geschäftsführer Peter Kropsch stritt dem Medien Magazin gegenüber lediglich ab, dass man sich durch das Geld von der Regierung beeinflussen lasse: „Bei den Projekten, für die wir Geld von Ministerien erhalten haben, gibt es zu unserer Redaktion eine Firewall.“
Fazit
Die Nachrichtenagentur dpa belügt die Öffentlichkeit und den Lizenzgeber ihrer Faktenchecker, indem sie behauptet, ihre vorgebliche Unabhängigkeit werde dadurch unterfüttert, dass sie keine Zuwendungen vom Staat nehme. dpa nimmt aber erwiesener- und zugegebenermaßen in großem Umfang Zuwendungen von der Bundesregierung und der EU-Kommission entgegen.
Die Falschbehauptung nährt Zweifel an der Unabhängigkeit der Berichterstattung von dpa, die extrem großen Einfluss auf die Berichterstattung der Zeitungen und der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hat. Diese schon bestehenden Zweifel rühren von der sehr mit den Interessen der Regierung und der EU-Kommission konformen Berichterstattung von dpa, die ich in vielen Beiträgen offengelegt habe. Beispiele finden Sie im Anhang.
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