Long-Covid: Tagesschau lügt dreist mit Zahlen

21. 12. 2021 | Als ich gestern die Tagesschau sah, läuteten die Manipulations-Alarmglocken, denn der Sprecher sagte, dass fast ein Drittel derer, „die von ihrer Infektion wussten“, über lange anhaltende Symptome klagten. Aber nichts zu denen, die nicht von ihrer früheren Infektion wussten. Und tatsächlich, der Kinderarzt Steffen Raabe weist auf seinem Blog nach, dass es sich um dreistes Lügen mit Zahlen handelt. Eine aktuelle Studie zeigt, was wirklich dran ist, an Long-Covid.

Hintergrund des langen Beitrags in der Tagesschau war eine gerade veröffentlichte Studie der Uni Mainz zu Long-Covid mit sehr vielen Probanden. Hier die Kurzfassung der kritischen Analyse des Tagesschau-Beitrags von Raabe.

Von den Infizierten wussten 35% nicht, dass sie eine Covid-Infektion gehabt hatten. Von denen, die wussten, dass sie infiziert gewesen waren, hatten tatsächlich 29,8% lang anhaltende Symptome.

Veränderung Gesundheitszustand

Quelle der Grafik: Präsentation der Uni Mainz.

Was man bei der Tagesschau sowohl im Fernsehen, als auch im schriftlichen Beitrag auf der Webseite „vergaß“ zu erwähnen:

Bei denen, die nichts von ihrer früheren Infektion wussten, klagten nur 22,4% über einen nachhaltig verschlechterten Gesundheitszustand, unwesentlich mehr als bei der Vergleichsgruppe der nicht Infizierten (22,0%).

Das ist Lügen mit Zahlen. Eine ehrliche Darstellung hätte erfordert, nicht 30% Long-Covid zu suggerieren, sondern die lediglich 8 Prozentpunkte Unterschied zu nicht Infizierten ins Zentrum der Berichterstattung zu stellen und darauf hinzuweisen, dass die höhere Betroffenheit nur bei denen Auftritt, die von ihrer Infektion wussten.

Man darf zwar annehmen, dass bei den unwissentlich Infizierten kaum welche mit schweren Krankheitsverläufen dabei sein werden, anders als bei den wissentlich Infizierten. Aber dass die unwissentlich Infizierten nicht mehr Langfristbeeinträchtigungen haben als nicht Infizierte ist doch erklärungsbedürftig. Immerhin haben uns Karl Lauterbach und andere regelmäßig damit Angst gemacht, dass auch bei milden Verläufen Long-Covid zu befürchten sei.

Teilweise Entwarnung zu Long-Covid bei Kindern

Eines der Hauptargumente von Lauterbach und Co. für die Kinderimpfung, die angesichts des minimalen Risikos schwerer Verläufe bei Kindern anders kaum zu rechtfertigen ist, war bisher immer die diffuse Gefahr von Long-Covid. Raabe weist auf eine aktuelle Studie von Wissenschaftlern der renommierten UCL Universität in London hin, die dieses Risiko deutlich relativiert.

Die Autoren kommen zu dem Resümee, dass die Häufigkeit der meisten vermuteten Long-Covid-Symptome bei nicht infizierten Kontrollgruppen etwa ebenso groß ist, wie bei den Minderjährigen, die an Covid erkrankt waren. Sie betonen die Wichtigkeit von Vergleichsgruppen, weil bei Studien, die allein den späteren Gesundheitszustand von Infizierten untersuchten, regelmäßig viel höhere Schätzungen zur Verbreitung von Long-Covid-Symptomen herauskämen.

Es gibt allerdings durchaus Symptome, die bei den Infizierten etwas häufiger vorkommen als in den Kontrollgruppen, insbesondere Kognitive Beeinträchtigungen (+3%), Kopfschmerzen (+5%), und Verlust des Geruchssinns (+8%).

Anhang: Infos zur zitierten Studie:

„Persistent symptoms following SARS-CoV-2 infection among children and young people: a meta-analysis of controlled and uncontrolled studies“ von SA Behnood, R Shafran, SD Bennett, BL DeStavola, RM Viner , OV Swann. Open AccessPublished:November 19, 2021DOI:https://doi.org/10.1016/j.jinf.2021.11.011, in Journal of Infection.

Nachtrag (22.12.)

Serge Schlitz schreibt: „Ich habe mir die verlinkte Präsentation der Studie der Uni-Mainz angesehen. Beim Vergleich der Folien 18 und 21, fällt auf, dass (…) schwere Symptome in dieser Personengruppe am häufigsten (sind).“

Ich habe mir das angeschaut, und tatsächlich: Menschen mit wissentlicher Covid-Infektion entwickeln in 7,3% der Fälle schwere Long-Covid-Symptome, Menschen mit unwissentlicher Infektion zu 9,3% und (Trommelwirbel), Menschen ohne Covid-Infektion zu 11,3%.

Es ehrt die Forscher, dass sie eine Kontrollgruppe nicht infizierter gebildet haben, und dass sie dieses Ergebnis berichten. Aber ehrlich gesagt, müsste ein solches Teil-Ergebnis zu einem ganz anderen, das Long-Covid-Phänomen stark relativierenden Tenor insgesamt führen. Und es macht das, was die Tagesschau in ihrer Berichterstattung gemacht hat, umso manipulativer und schändlicher.

Außerdem haben mich Leser mich noch auf interessante Beiträge von einem deutschen und einem schwedischen Arzt zu Long-Covid aufmerksam gemacht:

Zacharias Fögen: LongCovid und die Psychosomatik.
Er vergleicht u.a. das Ausmaß von Long-Covid-artigen Symptomen, die in der Plazebo-Kontrollgruppe einer Biontech-Studie auftraten, mit denen, die bei ehemaligen Covid- und Grippepatienten entdeckt werden.

Sebastian Rushworth: What is Long Covid?
Sein Resümee:““Maybe it will turn out that long covid is a real entity after all (distinct from post-viral syndrome, PTSD, anxiety disorder, and so on) when better research is done down the line, but we can’t just assume it based on anecdote, fear-mongering, groupthink, and low quality science. That doesn’t benefit anyone, least of all people with other underlying health issues that are not properly investigated because it’s so easy to just blame everything on covid.“

 

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