Scholz wirbt für eine Vollgeld-Reform und die Deutsche Bank für das Bargeld

Finanzminister Scholz sagte kürzlich: „Die Herausgabe einer Währung gehört nicht in die Hände eines Privatunternehmens, denn sie ist ein Kernelement staatlicher Souveränität.“ Das ist auch Kernaussage der Vollgeld-Reformer. Sie wollen, dass nicht mehr private Banken 90 Prozent unseres Geldes herausgeben. Scholz Statement ging aber gegen die geplante Facebook-Währung Libra. Es zeigt, dass kaum jemand, einschließlich unserem Finanzminister, versteht, wie unser Geldsystem tatsächlich funktioniert. Unterdessen schlägt sich die Deutsche Bank – möglicherweise aufgeschreckt vom Facebook-Plan  auf die Seite der Bargeld-Bewahrer.

Libra wäre tatsächlich eine neue private Währung. Das gleiche gilt jedoch für das Bankengeld, mit dem wir die meisten unserer Käufe tätigen, auch wenn es uns schwer gemacht wird, das zu sehen. Denn die Bankguthaben, mit denen wir zahlen, dürfen Euro heißen, genau wie das Original, die von der Zentralbank ausgegebenen Euro-Banknoten. Das ist jedoch ein Etikettenschwindel. Sie sind nicht das gleiche, auch wenn zu normalen Zeiten garantiert ist, dass sie zum Kurs von 1 zu 1 gegen Euro-Banknoten getauscht werden können.

Starke Kräfte bei Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds wollen das mit dem garantierten Wechselkurs von 1 zu 1 sogar gerade ändern. Sie wollen zulassen, dass sich der Wert von Bankengeld und Zentralbankgeld auch in normalen Zeiten auseinanderentwickelt. Dazu bald mehr. Dann würde für jeden offensichtlich, dass Geschäftsbankengeld eine andere Währung ist als Zentralbankgeld. Dann würde der Volksmund auch schnell einen anderen Namen dafür finden.

Die Geschäftsbanken schaffen ihre Banken-Euro in eigener Hoheit und zum eigenen Gewinn, indem sie uns mit ein paar Tastenanschlägen auf dem Computer ein Guthaben auf unserem Bankkonto gutschreiben. Dafür müssen wir entweder eine Kreditschuld eingehen, oder ihnen etwas verkaufen, zum Beispiel Wertpapiere, oder als Bankangestellte für sie arbeiten.

Die Herausgabe einer Währung gehört nicht in die Hände eines Privatunternehmens, denn sie ist ein Kernelement staatlicher Souveränität.

Die Tatsache, dass die Banken unter Einhaltung bestimmter Regeln selbst entscheiden können, wie viel Geld sie schaffen, führt immer wieder zu teuren Bankenkrisen. Denn noch müssen die Banken garantieren, ihre Währung jederzeit gegen richtige Euro einzutauschen. Das können sie aber manchmal kollektiv nicht.

Die Vollgeld-Initiative tritt mit dem Scholzschen Argument „Die Herausgabe einer Währung gehört nicht in die Hände von Privatunternehmen“, dafür ein, den Banken das Recht zur ungedeckten Geldschaffung zu entziehen. Das kann zum Beispiel geschehen, indem per Gesetz Guthaben auf Girokonten zu Sondervermögen erklärt werden, ähnlich wie Investmentfondsanteile. Über diese Guthaben könnte die Bank dann anders als heute nicht mehr verfügen. Sie wären rechtlich nicht mehr ein Kredit an die Bank, sondern Eigentum des Einlegers, das die Bank nur treuhänderisch aufbewahrt.

Scholz hat noch mehr Bemerkenswertes gesagt. „Der Euro ist und bleibt das einzige gesetzliche Zahlungsmittel im Euro-Raum.“  Ich musste bis zum Bundesverwaltungsgericht ziehen, um mir das bestätigen zu lassen. Das Bundesverwaltungsgericht hat meine Klage auf Durchsetzung der Eigenschaft des gesetzlichen Zahlungsmittels gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an den europäischen Gerichtshof verwiesen. Es äußerte aber immerhin schon mal die Meinung, dass nach deutschem Recht offenkundig Bankengeld nicht das gleiche ist wie Euro-Banknoten, und der Staat nicht von mir verlangen kann, eine Geldschuld mit Bankengeld zu begleichen. Ausgerechnet die Finanzämter, die Olaf Scholzens Ministerium unterstehen, praktizieren aber genau dies. Sie akzeptieren das einzige gesetzliche Zahlungsmittel nicht für die Begleichung von Steuerschulden, sondern fordern privates Bankengeld ein.

Der Euro ist und bleibt das einzige gesetzliche Zahlungsmittel im Euro-Raum.

Bemerkenswertes gibt es dieser Tage auch von der Deutschen Bank zu lesen. „Bargeld bietet im Zahlungsverkehr einen hohen Grad an Privatsphäre und trägt so dazu bei, den Anstieg der Informationsasymmetrie zwischen Verbrauchern und Unternehmen sowie zwischen Bürgern und staatlichen Institutionen zu verlangsamen. Da Wissen über die Gegenseite Macht ist, spielt die Privatsphäre für den Einzelnen eine entscheidende Rolle, wenn es um den Schutz der eigenen Position geht im Umgang mit Organisationen, die mächtiger sind als das Individuum.“

Das Papier ist deshalb so bemerkenswert, weil die Verteidigung des Bargelds bisher nicht gerade zu den Herzensangelegenheiten der Großbanken gehörte, eher im Gegenteil. Vielleicht sehen manche Banker es ja inzwischen auch so, wie ich es in „Schönes neues Geld“ geschrieben habe, dass es ein Fehler war, sich von der Anti-Bargeld-Kampagne des Silicon-Valley, der US-Kreditkartenunternehmen und der US-Großbanken einspannen zu lassen. Vielleicht hat Facebooks Ankündigung einer eigenen Währung mit Unterstützung der Kreditkartenunternehmen sie wachgerüttelt. Denn das geht ebenso gegen die (deutschen) Banken wie gegen die Bargeld-Nutzer.

 

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