Leserreaktionen auf die HB-Kolumne: Stimmt es, dass Karlsruhe an effiziente Finanzmärkte glaubt?

 Die Märkte, sprich die Banken, haben zwar versagt und uns damit die Krise eingebrockt. Trotzdem sollen sie unbeschränkt regieren und für Disziplin sorgen – so will es das Bundesverfassungsgericht, hatte ich am 12.2. geschrieben. Dr. Volker Gallandi (Rechtsanwalt) erwidert: Es geht nicht um den Euro, um effiziente Märkte usw., das Gericht ist inhaltlich gegenüber Beschlüssen der Politik (= des Verfassungsorgans Parlament) neutral. Es geht nur um die Kompetenz-Kompetenz: Da die

Wirtschaftspolitik nach den  EU-Verträgen Sache der Mitgliedsstaaten ist und nur die Geldpolitik Sache der EZB, geht der OMT-Beschluss der EZB über deren Kompetenz hinaus. Denn er greift in die sog. Ewigkeitsgarantie des Grundgesetzes ein. Parlament und Regierung haben es danach versäumt, das Demokratieprinzip zu bewahren, zu dem das Recht gehört, jeweils im Einzelfall über den nationalen Etat zu bestimmen. Denn die EZB missbraucht ihre Satzung als „Software“, um sich die Ermächtigung für einen nach oben offenen Zugriff auf das Vermögen der Mitgliedsländer (bzw. deren Steuerzahler) zu verschaffen. Sie greift auf deren Konten zu, statt sich – wie bisher – darauf zu beschränken, mit ihrem eigenen virtuellen Geld (Geld kraft Gesetzes, nicht das Geld der Steuerbürger in den Haushalten= erwirtschaftetes Geld) zu jonglieren.

  Noch ein Nachsatz: Ich fürchte, wir haben, wie in Weimar, eine Republik ohne Demokraten. Nur sind es jetzt Wirtschaftsmächte, die die Kontrolle von den Parlamenten übernehmen. Gestern in der Arte-Sendung „Der geplünderte Staat“ ist mir erstmals klar geworden, wieso zu einer Zeit, als Investitionen in Bahn, Telefon, sozialer Wohnungsbau etc. komplett staatlich durchgeführt wurden, die Staatsquote niedriger war als heute, wo alles „privatisiert“ ist. Die Verwaltung und die Politik lässt sich auf allen Ebenen, vom Autobahnbau zum Gefängnisbau, auf PPP-Konzepte ein (entspricht sell and lease back maroder Unternehmen), die auf lange Sicht das Dreifache kosten wie die rein staatliche Durchführung (Beispiele Wasserversorgung Veolia: 12 % Rendite für Veolia, Mietknast in Thüringen: 7,8 % Mietrendite für Bauunternehmen usw.). Große Bauprojekte kann die öffentliche Hand gar nicht mehr kontrollieren, sie hat dazu keine Beamten (so wie die BaFin weder Personal noch Mittel hat, den Grauen Kapitalmarkt zu zähmen, die Banken zu kontrollieren usw.). Wollen Abgeordnete ein Projekt (wie toll collect) kontrollieren, erhalten Sie keine Akteneinsicht, wegen Geheimhaltungsbedarf. Es profitieren Großfirmen wie Vinci, Bilfinger & Berger usw..

  Häring: Ich teile die Ansicht, dass das Handeln der EZB demokratischen Prinzipien zuwiderläuft. In meiner Gedankenwelt ist allerdings die Trennung von Geld- und Finanzpolitik eine Schimäre, die durch die Finanzkrise als solche enttarnt wurde. Geldpolitik, ist Bankenpolitik, Bankenpolitik ist Finanzpolitik. Eine Trennung lässt sich da nicht sinnvoll ziehen. Soweit bisher so getan wurde, als gäbe es sie, diente das vor allem Bankenintressen an einer Zentralbank, die vor allem für sie da ist, und ihnen die lukrative Finanzierung der Staatsdefizite überlässt und sie dabei unterstützt. Meine Lösung ist nicht eine Trennung herbeizuführen, die es nur formal, aber nicht wirkungsmäßig geben kann, sondern die Geldpolitiker wieder unter demokratische Kontrolle zu bringen.

 Gallandi: Dann sind Sie und das Verfassungsgericht ja einer Meinung.

  Horst Seibold: Lange Zeit meines Lebens habe ich in der Führung einer Bank gearbeitet. Banken waren noch nie freie Unternehmungen und schon immer maßgeblich von der Politik gelenkt.  Die Politik benutzte die Banken schon immer um die Schuldenmacherei weiter treiben zu können. Natürlich haben wir und die Politiker von den Immobilien Orgien enorm profitiert.  Es waren nichts anderes  als enorme Konjunktur Programme, die in Amerika und Spanien abliefen.  Solange diese mehr Steuereinnahmen brachte hat es den Politikern und uns allen sehr gut gefallen. Als die Rechnung kam schob man die Schuld den Banken zu. Rechnen sie doch mal aus zu wie viel mehr Steuereinnahmen diese Orgien geführt haben.  Vielleicht erscheinen ihnen dann die Aufwendungen hinterher in einem anderen Licht.

  Häring: Ich sehe Ihre Ausführungen nur bedingt als Gegenargument gegen meine These. Deutsche und französische Banken wurden nicht dahin gelenkt, griechische und spanische Anleihen zu kaufen, oder komische Deals mit irischen Banken oder Zweckgesellschaften zu machen. Hätten die ausländischen Banken nicht massenhaft die spanischen und griechischen Anleihen gekauft, hätten diese Länder ihre großen Staats-und/oder Leistungsbilanzdefizite nicht so leicht finanzieren können. Man kann natürlich lange diskutieren, ob die Banken schuld sind, oder der Staat, wenn der Staat den Banken jeden Wunsch erfüllt und es dann schief geht.  

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