Buchbesprechung: „Vom Ende der Klimakrise“

„Vom Ende der Klimakrise“ ist eine Art Handbuch für klimabewegte junge Leute. Es beschreibt, was aus Sicht der Autoren schiefläuft – mit viel Rückgriff auf Aussagen von Wissenschaftlern. Es will Mut machen, sich eine andere Zukunft vorzustellen als die, auf die wir zusteuern. Zudem teilen die Autoren ihre Erfahrungen: Wie organisiert und vernetzt man sich, um gemeinsam etwas zu bewirken? Der Generation Ü30 kann das Buch helfen, die protestierenden Jugendlichen besser zu verstehen.

Die Geografiestudentin Luisa Neubauer ist so etwas wie das Gesicht der Fridays-for-Future-Bewegung in Deutschland. Sie hat das Buch zusammen mit Alexander Repenning geschrieben, der sich für die Right Livelihood Foundation engagiert. Die Organisation vergibt den alternativen Nobelpreis.

Analyse und Argumentationsführung der jungen Autoren auf den schwierigen Feldern Wirtschaft und Wissenschaft ist erfreulich klar. Die Zielkonflikte zwischen materiellem Wohlstand, Klimaschutz und Armutsbeseitigung werden schonungslos angesprochen. Wie wenig die Ökonomik, als eine Wissenschaft zur Optimierung des Status quo, zur Lösung dieser Zielkonflikte beitragen kann, legen die Autoren bemerkenswert kenntnisreich offen. Dennoch gelingt es ihnen, einen grundoptimistischen Tenor zu setzen, statt eine Negativbotschaft zu verkünden. Ihr Plädoyer: als Gesellschaft neu darüber nachzudenken, was ein gutes Leben ausmacht. Dafür bietet das Buch keinen umfassenden Neuentwurf, aber jede Menge Anhaltspunkte – etwa den Drang nach Status und Identität anders als materiell zu befriedigen.

Wer allerdings erwartet, viele konkrete Handlungsschritte oder gar eine umfassende Strategie zur Bewältigung der Klimakrise zu finden, wird enttäuscht. Das ist kein kleiner Makel. Denn in der deutlich artikulierten Bereitschaft zum Verzicht, der nicht als Verzicht empfunden werden soll, liegt der Knackpunkt. Gilt diese Bereitschaft auch dann noch, wenn es konkret wird?

Genau das ist die Angriffsfläche für all diejenigen, die die klimabewegten Jugendlichen ebenso wie die Buchautoren als heuchlerisch darstellen wollen. So berichtet etwa Neubauer davon, welche Wellen von Verachtung ihr entgegenschlagen – sie ist schließlich schon viel um den Globus gereist.

Im Kapitel „Die Klimakrise ist keine individuelle Krise“ gehen Neubauer und Repenning auf diese Kritik ein: „Mehr Fahrrad fahren und Tofu braten“ könne nicht die Antwort auf die Klimakrise sein, argumentieren sie. Es liege zwar in der Macht des Einzelnen, ob er ein Fahrrad kauft, aber nicht, ob er damit sicher und bequem zur Arbeit oder als Kind in die Schule komme. Der Schlüssel zur Klimarettung liege nicht in Verhaltens-, sondern in Strukturänderungen. Das stimmt sicherlich. Aber die nötigen modifizierten Strukturen wären einschneidend, auch für die individuellen Konsummöglichkeiten. So richtig schonungslos deutlich wird das im Buch nicht.

[15.12.2019]

Print Friendly, PDF & Email