Die EZB möchte Ihre Meinung zum digitalen Euro (nicht wirklich) wissen – sagen Sie sie ihr

17. 11. 2020 | Die Europäische Zentralbank (EZB) fragt derzeit BürgerInnen und (vor allem) die Finanzbranche, wie sie den digitalen Euro gern hätten, an dem die EZB herumwerkelt. Ob sie ihn gern hätten, fragt sie in schlechter EU-Tradition nicht. Aber die Umfrage bietet Felder in denen man es ihr trotzdem mitteilen kann.

Der normale Bürger kann mit der Umfrage relativ schnell fertig sein, weil die meisten Fragen sich an „Fachleute“ aus der Finanzbranche richten also die Finanzlobby. Es wirkt schon ein bisschen pro Forma, dass die Bürger auch mit befragt werden. So richtig interessiert man sich nicht für sie. Jedenfalls gibt es Erläuterungen nur auf englisch, und diese sind nicht spezifisch zu der Umfrage, sondern es wird auf den Anfang Oktober veröffentlichten 54-seitigen Bericht einer EZB-Arbeitsgruppe verwiesen und verlinkt, der nicht gerade für Laien geschrieben ist.

Ich hoffe, mein kürzlich veröffentlichter Blogbeitrag ist etwas verständlicher, wenn auch nicht minder parteiisch als die EZB-Umfrage:

Was Sie alles über den digitalen Euro wissen sollten, um sich davor zu fürchten

Wer sich allerdings ein bisschen auskennt, den lädt die EZB durchaus ein, auch die Fragen für „Fachleute“ aus der Finanzbranche zu beantworten.

Wählen Sie auf der Startseite der Umfrage als allererstes oben die Sprache aus. Sie bekommen die Option zwar wiederholt angeboten, aber wenn sie später die Sprache einstellen, müssen sie alles nochmal von vorne ausfüllen. Ziemlicher Murks, aber wenn man es vorher weiß, macht es nichts.

Ihre Meinung zum digitalen Euro

Die Europäische Zentralbank (EZB) und die nationalen Zentralbanken des Euroraums prüfen gemeinsam, ob ein digitaler Euro eingeführt werden soll.

Ein digitaler Euro wäre eine elektronische Form von Zentralbankgeld. Er könnte von der Bevölkerung und von Unternehmen genutzt werden, genauso wie Bargeld, nur in digitaler Form: als schnelles, einfaches, kostenloses und sicheres Zahlungsmittel. Ein digitaler Euro würde das Bargeld ergänzen, nicht ersetzen.

Als Teil der laufenden Prüfung wollen wir die Meinung der Öffentlichkeit und aller Beteiligten zu den Vorteilen und Herausforderungen eines digitalen Euro einholen. Dabei geht es uns auch um dessen mögliche Ausarbeitung.

Der folgende Fragebogen besteht aus zwei Abschnitten. Der erste Abschnitt richtet sich an die Öffentlichkeit, der zweite Abschnitt in erster Linie an Fachleute aus der Finanzbranche, aus Technologie-Unternehmen und aus der Wissenschaft. Wir freuen uns jedoch auch über Feedback zu dem jeweils anderen Abschnitt. Die Fragen enthalten Verweise auf die entsprechenden Abschnitte des Berichts des Eurosystems zu einem digitalen Euro (nur auf Englisch verfügbar). Dort finden Sie weitere Informationen.

Nach Abschluss der Konsultationsphase werden alle Antworten auf der EZB-Website veröffentlicht.

Sie werden in den Eingangsfragen gefragt, ob Sie einer namentlichen Veröffentlichung zustimmen.

Hier die Fragen zur Sache mit meinen Antworten, nicht unbedingt den tatsächlich gegebenen. Zum Teil habe ich nochmal nachgedacht und würde meine Antworten ändern. Zum Teil habe ich mich von den mir zugeschickten Antworten eines Lesers und Freundes stark inspirieren lassen.

Fragen an die BürgerInnen

Wie würden Sie die Merkmale, die ein digitaler Euro haben sollte, in der Reihenfolge der jeweiligen Bedeutung einstufen? (Auswahl aus vorgegebenen Antworten)

  1. Ich möchte, dass meine Zahlungen privat bleiben.
  2. Ich möchte den digitalen Euro im gesamten Euroraum nutzen können.
  3. Ich möchte den digitalen Euro nutzen können, ohne dass dabei zusätzliche Kosten anfallen.
  4. Ich möchte, dass der digitale Euro ein sicheres Zahlungsmittel ist.

Haben Sie weitere Anmerkungen zu der Reihenfolge, die Sie oben angegeben haben?

Ich möchte gefragt werden, ob ich einen digitalen Euro überhaupt nutzen und eingeführt sehen möchte. Es gibt keinen Bedarf für einen digitalen Euro, der offline zirkuliert wie Bargeld. So etwas einzuführen ist nur sinnvoll, wenn man Bargeld ersetzen und verdrängen will.

Sehen Sie irgendwelche Herausforderungen im Zusammenhang mit einem digitalen Euro, die Sie oder andere davon abhalten würden, ihn zu nutzen? Was sind das für Herausforderungen?

Warum verwenden Sie Marketing-Sprech, anstatt Probleme oder Nachteile als solche zu bezeichnen? Wollen Sie meine Meinung wissen, oder mir den digitalen Euro verkaufen?

Hauptnachteil ist, dass er digital ist und daher nicht geeignet ist, die finanzielle Privatsphäre zu bewahren, insbesondere nicht unter den derzeitigen gesetzlichen Regelungen, die dem Prinzip folgen, dass jeder Zahlungsvorgang nach Möglichkeit von staatlichen Behörden überwachbar sein soll.

Aus diesem Grund möchte ich den digitalen Euro nicht verwenden. Ich möchte auch nicht, dass er eingeführt wird, weil das aus meiner Sicht die Verdrängung des Bargeldes beschleunigen würde. Den Beteuerungen, dass der digitale Euro nur eine Ergänzung zum Bargeld sein soll, schenke ich keinen Glauben.

Was für Benutzerfunktionen sollten in Betracht gezogen werden, um die Barrierefreiheit eines digitalen Euro für Menschen aller Altersgruppen, auch für Menschen ohne Bankkonto oder mit Behinderungen sicherzustellen?

Technisch betrachtet müsste der digitale Euro dafür etwa so funktionieren wie Bargeld. Das ist aber nicht nötig, weil es Bargeld gibt. Menschen ohne Bankkonto sollten eines bekommen.

N.H. Die folgende Frage ist harter Tobak für Laien. Ich gehe davon aus, dass mit der ersten Variante eine Lösung gemeint ist, bei der der digitale Euro auf anonymen Karten oder digitalen Geldbörsen gespeichert ist, und von dort direkt auf andere Karten oder digitale Geldbörsen transferiert werden kann, ohne dass ein Zahlungsdienstleister, wie zum Beispiel eine Kreditkartenfirma, eingeschaltet ist.

Für den digitalen Euro sind zwei Ansätze denkbar, einer mit Intermediären, die zur Verarbeitung der Zahlung zwischengeschaltet sind, und einer ohne Intermediäre. Wenn wir einen digitalen Euro entwickeln, bei dem für die Verarbeitung der einzelnen Zahlungen keine Zentralbank und kein Intermediär erforderlich sind, würde sich der digitale Euro eher wie Bargeld anfühlen, aber eben in digitaler Form. Sie könnten den digitalen Euro sogar nutzen, wenn Sie nicht mit dem Internet verbunden sind, und Ihre Privatsphäre und personenbezogenen Daten wären besser geschützt.
Die andere Möglichkeit wäre ein digitaler Euro, bei dem Intermediäre die Transaktion dokumentieren. Dies würde online geschehen und ein größeres Potenzial für zusätzliche Dienstleistungen bieten, die der Bevölkerung und den Unternehmen angeboten werden können. Es würden Möglichkeiten für Innovationen und potenzielle Synergien mit bestehenden Dienstleistungen geschaffen. So wäre es beispielsweise einfacher, den digitalen Euro in bereits heute verfügbare elektronische Bankdienstleistungen und -anwendungen einzubinden. Welcher Ansatz sagt Ihnen am meisten zu? Bitte eine Option auswählen:

[N.H. Hier soll ich mich entscheiden zwischen „Ein digitaler Euro mit Fokus auf den Schutz von Privatsphäre und personenbezogenen Daten, den Sie offline nutzen können“, und einem bei dem ich viele zusätzliche Dienstleistungen bekomme. Da will ich mich nicht entscheiden.]

Haben Sie weitere Anmerkungen zu Ihrer Antwort auf die vorstehende Frage?

Die Frage ist übermäßig lenkend.

Schutz der Privatsphäre im Sinne von Anonymität, nicht nur im Sinne von Datensicherheit, sind mir wichtig. Aber wenn das nur zu haben sein soll, wenn man ein digitales Bargeld für die Offline-Umlauf macht, bin ich dagegen, weil Bargeld dafür besser ist.

 

N:H. Es folgen Fragen für die Fachleute, m.a.W. Lobbyisten. Man bemerke, dass Datenschützer, Verbraucherschützer etc. nicht angesprochen werden. Fragen zum Datenschutz sollen die Lobbyisten beantworten.

Perspektive von Fachleuten aus der Finanz-, Zahlungs- und Technologiebranche

Welche Rolle sollten Ihrer Einschätzung nach Banken, Zahlungsinstitute und andere Wirtschaftsunternehmen bei der Bereitstellung eines digitalen Euro an die Endnutzer spielen?

Die Einführung des digitalen Euro kann hohe Kosten für die Zentralbank mit sich bringen. Kostensparend wäre eine Lösung, die auf der bestehenden technischen Infrastruktur des Bankensystems aufbaut, wodurch die Zentralbank wieder einen größeren Anteil an der Kontrolle über das Geld erhält. Technisch machbar ist dies durch die rechtliche Konstruktion der Treuhänderschaft. Die Banken können für jeden Bürger und jede juristische Person ein Euro-Zentralbankkonto führen, das für die Bank außerbilanziell ist.

Mit einem digitalen Euro könnten Banken und andere Unternehmen zusätzliche Dienstleistungen über einfache Zahlungen hinaus anbieten, von denen die Bevölkerung und Unternehmen profitieren könnten. Welche Dienstleistungen und Funktionen oder Anwendungsfälle sind Ihrer Einschätzung nach möglich und sollten bei der Entwicklung eines digitalen Euro berücksichtigt werden?

Die Frage, welche Art von Rechtsnatur der digitale Euro haben wird, muss zuerst beantwortet werden. Wird er gesetzliches Zahlungsmittel sein? Wenn ja: Welches Organ der EU ist befugt, ihn zum gesetzlichen Zahlungsmittel zu erklären? Wenn es der Primärgesetzgeber ist – eine mögliche Antwort, für die es gute Argumente gibt – dann ist die EZB möglicherweise nicht berechtigt oder befugt, ihn ohne ein Mandat des Primärgesetzgebers herauszugeben. Die Ausgabe des digitalen Euro wird mit Sicherheit Auswirkungen auf das einzige bisher ausgegebene gesetzliche Zahlungsmittel haben. Eine so wichtige Änderung kann nicht nur von den technischen Experten beschlossen werden – das liegt in unseren Demokratien in der Hand der Volksvertretungen.

Welche Anforderungen (Zulassung oder sonstiges) sollten Intermediäre erfüllen, wenn sie privaten Haushalten und Unternehmen Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem digitalen Euro anbieten? Legen Sie bei Ihrer Antwort bitte das aktuelle regulatorische Umfeld in der Europäischen Union zugrunde.

Das gegenwärtige finanzregulatorische Rahmenwerk der EU funktioniert nicht gut. Banken finanzieren, was ihnen den größten Gewinn bringt. Das ist oft nicht das, was gesellschaftlich am dringendsten finanziert werden müsste. Das Problem ist im Geldwesen besonders ausgeprägt, weil Banken von den Regulierern eine Lizenz zum Geld-Drucken bekommen haben, die sie aber nicht im Interesse der Gemeinschaft, sondern im Eigeninteresse ausüben.

Welche Lösungen eignen sich am besten, um Fälschungen und technische Fehler auszuschließen, auch durch mögliche Intermediäre, damit sichergestellt ist, dass der von Nutzern in ihren E-Wallet gehaltene Betrag in digitalen Euro dem Betrag entspricht, der von der Zentralbank ausgegeben wurde?

nicht beantwortet

Welche technischen Lösungen (Backend-Infrastruktur und/oder auf Geräteebene) eignen sich am besten, um bargeldähnliche Funktionen zu ermöglichen (z. B. Datenschutz, Offline-Nutzung und Barrierefreiheit für schutzbedürftige Gruppen)?

Es gibt keinen Bedarf und keine Rechtfertigung für ein zweites Zahlungsmittel, das im Offline-Betrieb ebenso funktioniert wie Bargeld. Dafür gibt es bereits Bargeld.

Was sollte getan werden, um bei der Nutzung eines digitalen Euro einen angemessenen Schutz von Privatsphäre und personenbezogenen Daten sicherzustellen, und zwar unter Berücksichtigung von Geldwäschevorschriften und der Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung sowie Steuerhinterziehung?

Die Regeln zur angeblichen Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und Steuerhinterziehung im Finanzbereich sind totalitär in dem Sinne, dass sie 100-prozentige Kontrolle des Staates über alle finanziellen Aktivitäten der BürgerInnen anstreben, und damit letztlich über deren ganzes Leben. Das ist auf Dauer nicht mit Demokratie vereinbar.

Es ist erstaunlich, dass Fachleute der Finanz- und Tech-Szene, die nicht gerade durch Eifer beim Schutz der Privatsphäre auffallen, gefragt werden, was zum Schutz der Privatsphäre getan werden sollte. Das sollte man doch besser Datenschützer und Verbraucherschützer fragen.

N:H. Die folgenden Fragen beziehen sich auf einen Vorschlag zur Ausgestaltung des digtialen Euro des hochrangigen EZB-Managers Ulrich Bindseil. Sie zeigen, dass dieser Vorschlag mehr als eine Privatmeinung ist.

Warum die EZB an einem digitalen Zentralbankgeld arbeitet

Die Zentralbank könnte die Menge des umlaufenden digitalen Euro auf verschiedene Weise steuern (beispielsweise über Mengenbegrenzungen oder eine gestaffelte Verzinsung). So ließe sich sicherstellen, dass die Transmission der Geldpolitik nicht durch Umschichtungen großer Beträge von Geschäftsbankengeld in digitale Euro beeinträchtigt wird. Wie beurteilen Sie diese und andere Alternativen aus wirtschaftlicher Sicht? (Bei einer gestaffelten Verzinsung legt die Zentralbank eine Grenze fest. Guthaben in digitalen Euro über dieser Grenze werden geringer verzinst als Guthaben darunter.)

Ein derart kastriertes digitales Zentralbankgeld mit Mengenbegrenzungen und negativer Verzinsung würde kaum auf große Gegenliebe stoßen.

Wie lässt sich am besten sicherstellen, dass eine gestaffelte Verzinsung die Nutzungsmöglichkeiten eines digitalen Euro nicht beeinträchtigt, einschließlich der Möglichkeit einer Offline-Nutzung?

Eine Offline-Nutzung ist nicht wünschenswert. Dafür gibt es Bargeld.

Wenn für Guthaben in digitalen Euro eine Obergrenze gilt, wie ließe sich dann am besten sicherstellen, dass eingehende Zahlungen über dieser Grenze automatisch auf das private Konto der Nutzer (beispielsweise ein Konto bei einer Geschäftsbank) umgeleitet werden, ohne dabei Zahlungsveranlassung und Zahlungsempfang komplizierter zu machen?

Es sollte keine Obergrenze geben. Dem digitalen Euro sollte es erlaubt sein, mit dem unsicheren Bankengeld zu konkurrieren und dieses zu verdrängen.

Wie ließe sich ein digitaler Euro am besten in bestehende Bank- und Zahlungslösungen/-produkte (beispielsweise Online- und mobiles Banking, Händlersysteme) integrieren? Welche potenziellen Herausforderungen müssen bei der Entwicklung der Technologie und der Standards für den digitalen Euro berücksichtigt werden?

Mit speziellen Treuhandkonten für digitales Zentralbankgeld der Bürger bei den Geschäftsbanken.

Welche Merkmale sollte der digitale Euro aufweisen, um Zahlungen von einer Währung in eine andere zu ermöglichen?

Da die Banken keine kostengünstige Möglichkeit für Überweisungen zwischen Währungsräumen geschaffen haben, obliegt es den Zentralbanken, das zu tun.

Sollte die Nutzung des digitalen Euro außerhalb des Euroraums begrenzt werden und wenn ja, wie?

Dafür sehe ich keinen Grund.

Englische Version dieses Beitrags

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